Vor hundert Jahren ist «Der Tod in Venedig» von Thomas Mann erschienen. Das Museum Strauhof zeigt eine sinnliche Ausstellung: Die Besucher folgen dem Protagonisten Gustav von Aschenbach auf seiner Reise nach Venedig bis zu seinem «Untergang».
Museum Strauhof Zürich | Wollust des Untergangs
Ein sehr persönliches Werk
1911 bereist Thomas Mann auf der Suche nach Zerstreuung Italien und Venedig. Die Reihe kurioser Umstände und Eindrücke, die ihm auf dieser Reise widerfahren, will Mann als kleine, rasch zu erledigende Improvisation niederschreiben. Innerhalb eines Jahres entsteht daraus die Novelle «Der Tod in Venedig», die Thomas Mann als sehr ernstes, da sehr persönliches Werk empfindet. Die Erzählung behandelt in atmosphärischer und inhaltlicher Dichte die grossen Themen Thomas Manns: die Künstlerproblematik, die griechische Mythologie, die Philosophie Nietzsches, die Homoerotik, die Verwobenheit der Erzählung mit Thomas Manns Biografie – vor dem Hintergrund der kultur- und literaturhistorisch bewegten Epoche des fin de siècle um 1900. Venedig war von jeher Anziehungspunkt und Inspiration für Künstler. Thomas Manns Novelle «Der Tod in Venedig» hat die emotionale Aufladung dieser Stadt massgeblich beeinflusst.
Die Reise
In der Künstlergestalt Gustav von Aschenbachs spiegelt sich – neben anderen Vorbildern – Richard Wagner, mit dem sich Thomas Mann ein Leben lang beschäftigte und den er einmal als den modernen Künstler par excellence bezeichnete. Wagner starb 1883 in Venedig. Seine Autobiografie «Mein Leben» wurde 1911 zum ersten Mal veröffentlicht – also im gleichen Jahre, in dem Thomas Manns Novelle entstand. Wagner beschreibt darin seine Reise nach Venedig im Jahre 1858, wohin er sich auf der Flucht vor der verbotenen Liebe zu Mathilde Wesendonck zurückzieht: eine morbide Stadt, in der ihn die Gondeln an Totenschiffe erinnern, an Pest und Cholera. In Venedig komponiert Wagner das Liebesduett seiner Oper «Tristan», die wiederum an Thomas Manns Novelle gleichen Titels (1903) erinnert. Später hat Thomas Mann der Figur des Komponisten Adrian Leverkühn im Roman «Doktor Faustus» (1947) Züge Richard Wagners verliehen.
Thomas Mann und Richard Wagner
Der zweite, im Auftrag des Museums Strauhof konzipierte Teil der Ausstellung geht den vielfältigen Bezugnahmen Thomas Manns auf Richard Wagner nach und schliesst damit an die Thematik der Zürcher Festspiele an, die 2013 den 200. Geburtstag Wagners begehen.