Die Solothurner Literaturtage versprechen ein Jahrgang der starken Debüts
- Publiziert am 15. Mai 2023
Literatur von Franz Hohler bis Kim de l‘Horizon und Begegnungen über die Genregrenzen hinaus.
Die 45. Solothurner Literaturtage laden ein zu rund 150 Veranstaltungen, 76 Werkschaulesungen, drei Preisverleihungen sowie Fachveranstaltungen und Podien zu aktuellen Diskursen. Eröffnet werden die Literaturtage am 18. Mai mit einem Übersetzungsreigen und musikalischer Umrahmung von Milena Patagônia auf Berndeutsch und Serbisch.
Starke Debüts
Die 45. Solothurner Literaturtage sind der Jahrgang der starken Debüts: Neben Kim de l‘Horizons «Blutbuch», welches mit dem Schweizer und dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde und aktuell in 15 Sprachen übersetzt wird, sind mit Sara Catella aus dem Tessin, Ed Wige aus der Romandie sowie Mina Hava, Sarah Elena Müller, Ralph Tharayil, Julia Toggenburger und Saskia Winkelmann aus der Deutschschweiz sowie Behzad Karim Khani aus Deutschland zahlreiche Autor:innen mit thematisch und sprachlich starken Erstlingen zur Werkschau eingeladen. Genauso wie die 1999 geborene Rap-Newcomerin Cachita, die beim Bounce Cypher für Furore sorgte. Dazu werden die Schweizer Literaturpreise verliehen, darunter der Grand Prix Literatur 2023 an Leta Semadeni, die für Samstagabend eine Carte Blanche bekommt. Am Wochenende wird der:die Gewinner:in des Schweizer Kinder- und Jugendbuchpreis bekannt gegeben und Gertrud Leutenegger erhält den Solothurner Literaturpreis.
An der Sprache arbeiten
Literatur und Sprache reflektieren immer auch gesellschaftliche Realitäten, wobei die deutsche Sprache bis heute geprägt ist vom 19. Jahrhundert und dem damals vorherrschenden Nationalismus und Imperialismus. Ralph Tharayil, Mina Hava und Shpresa Jashari schreiben gegen diese Sprachnormen an (Samstag, 14 Uhr), während Hengameh Yaghoobifarah und Alain Claude Sulzer gemeinsam mit Noémi Schaub die Heteronormativität in der deutschen und französischen Sprache thematisieren (Samstag, 17 Uhr). Und die beiden Lyrikerinnen Pegah Ahmadi aus dem Iran und Julia Cimafiejeva aus Belarus diskutieren am Sonntag über das Schreiben im Exil, über die politischen Auswirkungen der Heimat und das Neuorientieren in neuen (sprachlichen) Umgebungen.
An Grenzen arbeiten Im Anschluss an das Podium «Writing in Exile» präsentiert das Schweizer Literaturmagazin Narr seine 36. Ausgabe «Exit Exil» mit einer vielsprachigen Lesung von Exilautor*innen. Der vielsprachigen Realität der Schweiz und besonders den BKMS-Sprachen (Bosnisch, Kroatisch, Montenegrinisch oder Serbisch) widmet sich «Texte ohne Grenzen» am Samstagabend: Violeta Aleksić, Olga Serafimovski Milenković und Goran Vulović aka Milchmaa leben alle in der Schweiz, schreiben aber (auch) in ihren Muttersprachen. Bereits am Freitagabend treffen sich Gauz’ und Behzad Karim Khani: In diesem deutsch-französischen Dialog wird es um migrantische Schicksale am Rande der Gesellschaft und Gesetze, den Kampf um Anerkennung, um Würde und Brutalität gehen. Themen die beide in ihren Romanen beschreiben, in unterschiedlichen europäischen Grossstädten: Paris und Berlin.
Unerwartete Begegnungen
Ebenfalls am Freitagabend treffen sich die schottische Autorin und Stand Up Comedian A. L. Kennedy und der Berner Autor Matto Kämpf zum Dialog und reden unter anderem darüber, wie wir trotz der aktuellen Krisen den Humor nicht verlieren. Und late-night am Freitagabend werden im Stadttheater literarische Texte gecovert: Die Rapperin Cachita, der Illustrator Hannes Binder, die österreichische Autorin Raphaela Edelbauer, die Spoken-Word-Autoren Matto Kämpf und Jens Nielsen sowie die Autorin und DJ Saskia Winkelmann nehmen sich Texte von Kolleg*innen vor und machen daraus ihr ganz eigenes «Ding». Ebenfalls über vermeintliche Genregrenzen hinaus arbeitet der Resonanzraum: Die Publikumsabstimmung kürte Martina Clavadetschers Erzählung «Ich bin es nicht» aus ihrem Buch «Vor aller Augen» zum Ausgangspunkt für Performances, Workshops oder Podien.
Und Hannes Binder, eingeladen mit «Kill your Darlings», zeigt in einer Ausstellung im IN2 Magazin seine persönlichen Lieblinge aus jüngerer Zeit. Ausserdem feiern die Literaturtage mit einem «Kreuz-Special» den 50. Geburtstag der Genossenschaft Kreuz – mit einer Zeitreise von 1973 bis heute mit Franz Hohler aus der Programmkommission der 1. Solothurner Literaturtage und Sarah Elena Müller aus der aktuellen Programmgruppe Spoken Word. Hohler wird ausserdem gemeinsam mit Christian Haller den Abschluss der diesjährigen Literaturtage bestreiten: Die beiden langjährigen Verlagskollegen und «unentwegten Spracharbeiter», wie Haller es formulierte, sind im Frühjahr beide 80 geworden.
(Text: Solothurner Literaturtage)