Nirgendwo sonst in Afrika ist das künstlerische Schaffen so vielfältig, kreativ und am Puls der Zeit wie in der Demokratische Republik Kongo. Erstmals werden historische Werke und Fotografien in einer Ausstellung zur Kunst aus dem Kongo Werken zeitgenössischer Kunst gegenübergestellt. Die Ausstellung zeigt, wie Kunstschaffende – früher wie heute – sich kritisch mit den Auswirkungen von Kolonialzeit, Missionierung und Welthandel auseinandersetzen.
Museum Rietberg | «FIKTION KONGO»
- Publiziert am 26. November 2019
Sammy Baloji, Michèle Magema, Monsengo Shula und Sinzo Aanza – renommierte kongolesische Künstlerinnen und Künstler der Gegenwart stehen im Zentrum.
Der Kongo als Projektionsfläche
Seit dem Entdeckerzeitalter über die koloniale Unterdrückung bis heute dient Kongo als Projektionsfläche sowohl westlicher als auch afrikanischer Ideen und Fiktionen. Die kongolesische Geschichte und Kunst zeichnen sich bereits früh durch die enge Verflechtung und den kreativen Austausch von Ideen, Formen und Objekten in einer globalisierten Welt aus. Zugleich manifestieren sich in der Kunst auch die Folgen von Kolonialismus, religiöser Bekehrung und Ausbeutung von Rohstoffen. Diese transkulturellen und postkolonialen Themen sind nicht nur für die Vergangenheit von Bedeutung, sondern heute mehr denn je brisant. In der Ausstellung wird deshalb die historische Perspektive mit zeitgenössischen künstlerischen Positionen aus dem Kongo und der Diaspora in Bezug gesetzt.
Kunstethnologischer Nachlass
Ausgangspunkt der Ausstellung sind Objekte und Fotografien, die der Kunstethnologe Hans Himmelheber (1908-2003) von seiner einjährigen Reise 1938 aus dem Kongo mitbrachte, und die nun – teils zum ersten Mal – öffentlich präsentiert werden. Die farbigen Masken, Kraftfiguren und kunstvoll gestalteten Dinge des täglichen Gebrauchs zeugen von der Ästhetik und Bedeutung des künstlerischen Schaffens der damaligen Zeit. Sein fotografischer Nachlass ist eine einmalige Momentaufnahme der ästhetischen und kulturellen Praxis im Kongo der 1930er Jahre und dokumentiert die gesellschaftlichen Umbrüche während der Hochphase der belgischen Kolonialherrschaft. Das schriftliche und visuelle Archiv von Hans Himmelheber, das seit Kurzem am Museum Rietberg angesiedelt ist, spiegelt aber auch seine eigenen, vom damaligen Zeitgeist geprägten Vorstellungen über den Kongo wider.
Vierzehn zeitgenössische Künstler*innen
«FIKTION KONGO» ist nicht nur ein Versuch, historische Objekte und Fotografien in die Kunstgeschichte einer der wichtigsten Kunstzentren Afrikas und dessen frühe Verflechtung mit der Welt einzubetten. Den alten Werken sind darüber hinaus zeitgenössische Positionen von international agierenden Künstlerinnen und Künstler gegenübergestellt, die sich mit der eigenen Vergangenheit und kolonialen Geschichte auseinandersetzen. In einem Artist-in-Residence-Programm beschäftigen sich der international renommierte Künstler und Mitbegründer der Kunstbiennale in Lubumbashi Sammy Baloji sowie der junge Schriftsteller Sinzo Aanza intensiv mit dem Archiv von Hans Himmelheber und kreieren darauf aufbauend ihre eigene Fiktionen des Kongo. Auch die in Paris lebenden Künstlerin Michèle Magema sowie Fiona Bobo, die im Kanton Zürich geboren und aufgewachsen ist, realisieren Auftragsarbeiten für die Ausstellung, ebenso wie der Künstler David Shongo, dessen Intervention sowohl in Zürich als auch in der fast zeitgleich stattfinden Biennale in Lubumbashi gezeigt wird. Mit weiteren Werken von Angali, Steve Bandoma, Hilary Kuyangiko Balu, Aimé Mpane, Chéri Samba, Yves Sambu, Monsengo Shula, Pathy Tshindele präsentiert die Ausstellung insgesamt vierzehn zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler, die sich formal oder inhaltlich auf traditionelle Kunst und ihr eigenes kulturelles Erbe beziehen.