Vögel haben immer wieder Kulturschaffende wie Autoren, Musiker und Künstler in ihren Bann gezogen. Es war Theodor Adorno, der in seiner Ästhetischen Theorie im Gesang der Amsel die ganze Ambivalenz des Naturschönen – das Anrührende und das Schreckliche – als Teil des Mythos beschrieben hat. Der Komponist Olivier Messiaen schrieb ein Stück Catalogue d’oiseaux, das die Schweizer Künstlerin Elisabeth Strässle zu einer Serie von bildlichen Untersuchungen in Zeichnung und Malerei veranlasst hat.
Kunstraum Kreuzlingen | Elisabeth Strässle | Catalogue d’oiseaux
- Publiziert am 11. Februar 2020
Den Vögeln auf der Spur
Die Künstlerin ist fasziniert von den Zügen der Kraniche über die Weiten von Europa. Sie lernte über Tiermaler wie John James Audubon, Johann Friedrich Neumann oder Sara Stone die Malerei von Vogelkörpern nach taxidermischen Präparaten kennen. Im Jahr 2019 besuchte sie mehrmals die Vogelwarte Sempach und ihre reichhaltige Fachbibliothek, um über Körperbau, Gesang und Sozialverhalten der Vögel zu studieren. Und im Herbst 2019 reiste sie sogar nach Köthen (Sachsen-Anhalt), wo sie das Museum des grossen deutschen Vogelforscher und Taxidermen Johann Friedrich Naumann aus dem 19. Jahrhundert besuchte.
Porträts im Überformat
Aus Tierskizzen entstanden grosse Aquarellformate und wandfüllende Ölmalereien zu einzelnen Vögeln – Porträts im Überformat. Die Vögel bezirzen und berauschen uns; und sie können eine solche Grösse annehmen, dass wir uns mit ihnen auseinandersetzen müssen. Aus Skizzen von Schallwellen zum Vogelgesang der einzelnen Arten erstellte Elisabeth Strässle diagrammhafte Zeichnungsblätter, die charakteristische Formen der Schwingen festhalten und transformieren. Aus der im Jahr 2019 entstandenen neuen Werkgruppen wird Elisabeth Strässle grossformatige Malerei in Öl, Blätter mit Tuschzeichnungen und Aquarellmalereien ausstellen. Die Besucher*innen werden auch nach aussen geführt, zu Exkursionen ins Wollmatinger Ried bei Konstanz. Ein reichhaltiges Rahmenprogramm begleitet die Ausstellung, die von Sibylle Omlin als Gastkuratorin mit der Künstlerin konzipiert wurde.
Elisabeth Strässle
Die Arbeit der Künstlerin Elisabeth Strässle (*1942) besteht hauptsächlich aus Malereien und Zeichnungen. Sie malt meist abstrakt oder monochrom, manchmal tauchen schemenhafte Tier-Figuren, zum Beispiel ein Affe, ein Esel, ein Elefant oder eine Krähe aus den dunklen Gründen auf. Die Beschäftigung mit Themen aus der Natur- und Tierwelt zieht sich über Jahre hin und umfassen Recherchen in naturhistorischen Museen und Fachbibliotheken. In vielen Zeichnungen werden die grossen Bilder präzise vorbereitet, bis die Künstlerin Inhalt und Formen genau kennt.