Ganz ohne Zeigefinger geht das Künstlerduo gesellschaftliche Themen wie Rassismus, Ausgrenzung, die Objektifizierung von Frauen oder die Doppelmoral der katholischen Kirche an. Die surrealen, alptraumartigen Szenerien, in denen sich Grausamkeit und derber Humor mischen, gehen unter die Haut und werfen das Publikum auf sich selbst zurück. Djurberg findet in ihren Erzählungen faszinierende und ausdrucksstarke Bilder für Gier, Rache, Unterwerfung, Lust, Sex und Scham.
Kunstmuseum Luzern | Delights of an Undirected Mind
Die schwedische Künstlerin Nathalie Djurberg und der Komponist Hans Berg führen das Publikum durch ein imaginäres Labyrinth zwischen Himmel und Hölle.
Kreaturen üben Sozialkritik
«One need not be a chamber to be haunted,/ One need not be a house;/ The brain has corridors surpassing/ …» Die erste Strophe von Emily Dickinsons Gedicht – man braucht keine Geisterkammer zu sein, um dem Spuk zu begegnen – bringt das filmische Universum von Nathalie Djurberg und Hans Berg auf den Punkt. So hat sich das Künstlerduo diese Zeilen für den Titel eines Filmes geliehen, in dem eine Hand Türen zu immer neuen Korridoren öffnet. In den schummrigen Gängen, die an ein Bordell erinnern, tummeln sich verschiedenste Wesen, ein rauchendes Krokodil, ein sexy Schwein, ein glitzernder Pudel oder Männer in Lack und Leder. Dazwischen schwingen Priester immer wieder Weihrauchfässer. Auf Sprechblasen poppen Begehrlichkeiten und Begierden auf: «I want …». Nathalie Djurberg und Hans Berg greifen in ihren Werken komplementäre Aspekte zwischenmenschlicher Beziehungen wie Macht und Ohnmacht, Fürsorge und Missbrauch, Gewalt und Liebe, Masochismus und Sadismus, Monstrosität und Verletzlichkeit auf,
Bild für Bild durch den Albtraum
Seit 2003 realisiert Nathalie Djurberg mit Knetfiguren und Marionetten Stop-Motion-Animationen, die seit 2004 mit den Kompositionen von Hans Berg atmosphärisch aufgeladen werden. Ohne vorgängiges Skript oder Storyboard entstehen Figuren, Szenerien und Geschichten aus dem Prozess der Gestaltung und des Umformens heraus. Für die Stop-Motion-Technik wird dabei Bild um Bild aufgenommen und zu einem Film zusammengefügt. Im Kunstmuseum Luzern führen sechs Filme vom Himmel zur Hölle und von der Hölle in den Himmel. In bühnenartigen Settings – einem Dachstockzimmer, einer Arena, einem Panikraum oder einer tiefschwarzen Unterwasserwelt – agieren menschliche und tierische Wesen. Sie sind verwegen und verzweifelt, egoistisch und verletzlich. «Alle Filmfiguren sind eine einzige Person, die zwischen verschiedenen emotionalen Stadien oszilliert», sagt Nathalie Djurberg über ihre Geschöpfe. Die Künstlerin nutzt Klischees, bekannte Typen, Gesten und Handlungen dazu, unsere Fantasie anzuregen und greift dabei auch Motive und Charaktere aus Märchen sowie der Popkultur auf.