Seine monumentalen Schriftzüge laden zum Sinnieren ein: Im Kunsthaus Bregenz gastiert der US-amerikanische Konzeptkünstler Lawrence Weiner. Das Material des 74-Jährigen sind nicht Farben, sondern Worte.
Kunsthaus Bregenz | Lawrence Weiler
- Publiziert am 16. Dezember 2016
Mitbegründer der Conceptual Art
1942 in New York geboren, zählt Lawrence Weiner zu den bekanntesten Künstlern weltweit und den Begründern der amerikanischen Conceptual Art. Diese in den 1960er Jahren entstandene Kunstrichtung dachte grundlegend über die Voraussetzungen eines Kunstwerks und nicht zuletzt die Grenzen der Kunst nach: Ist es notwendig, dass ein Kunstwerk realisiert wird? Genügt nicht die Idee des Werks, um bestehen zu können? Ist für die Idee eines Werks ein besonderer Autor Voraussetzung? Gewinnt das Werk nicht erst in der Wahrnehmung seine Einmaligkeit?
Sprache physisch erlebbar
Um diese Vorstellung von Kunst als Denkleistung zu verwirklichen, arbeitet Weiner seit seinen Anfängen mit einem bis dahin fremden künstlerischen Material: der Sprache. Weiner betrachtet Sprache als Faktum. Sie hat dasselbe Gewicht wie ein Stein, der von einem Bildhauer bearbeitet wird. An der Wand wird sie zu einer physisch erlebbaren, nahezu greifbaren Existenz. «Zuerst war das Wort, und mit dem Wort verstand man, dass es etwas vor dem Wort gab» (Lawrence Weiner, 1996). Erst der Hinweis auf einen Stein macht deutlich, dass «stone» und «Stein» denselben Gegenstand ansprechen. Der gemeinsame Nenner des Dinglichen ermöglicht die Übersetzung. Darum verwendet Weiner stets zwei Sprachen, Englisch und die jeweilige Landessprache. Durch ihre zweifache Benennung erhalten die Dinge optische «Würde» («dignity») und eine Wechselwirkung in Verständnis und Raum.
Verfremdender Umgang mit Sprache
Der durchgängige Einsatz von Grossbuchstaben ist ein weiteres Merkmal für Weiners verfremdenden Umgang mit Sprache. Seine Texte an den Wänden des Kunsthaus Bregenz werden Kommentare zu Architektur, Raum und sinnlichem Erleben. Doch seine Werke sind nur vermeintlich ortsbezogen. Sie beziehen sich auf sich selbst, betreiben elliptische Sinnwanderungen und spielen klug auf Gesellschaft, Politik und die Stellung der Kunst an. Vorbild für die Anordnung seiner Schriftwerke in den vier Geschossen des Kunsthaus Bregenz sei ein Geysir, so Weiner. Geysire sind Ventile für Überdruck. Aus kleinen Öffnungen sprudelt, was unterirdisch kocht. Weiner benutzt das Bild, um die Funktion der Kunst deutlich werden zu lassen. Kunst ist der spontane Ausweg aus vermeintlich ausweglosen tektonischen Krusten. Sie findet den Ausgang aus blockierten Reibeflächen.