Mit ihrer ersten Ausstellung zeigt Valérie Knoll, die neue Direktorin der Kunsthalle Bern, ein Kaleidoskop an Formen der Störung und Distanzlosigkeiten, die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten einer widerspenstigen Absetzung herausfordern.
Kunsthalle Bern | Raw and Delirious
- Publiziert am 13. Juli 2015
Pose und Glattheit
Die Gruppenausstellung widmet sich den Möglichkeiten materieller Widerspenstigkeit in der Gegenwartskunst. Ein beachtlicher Teil der zeitgenössischen Kunstproduktion macht sich heute ein perfektes, kühl-sauberes Design aus dem Internet zu eigen. Es werden neuartige, zum Teil industrielle Technologien verwendet, welche die digitale Modellierung virtueller aber auch physischer Materialien im Raum bezwecken, etwa der 3D-Druck, Stockfotografie und Chroma Key. Durch diese Formen der Produktion entstehen elegante, glatt polierte Oberflächen. Ästhetische Störungen, Peinlichkeit als Versuch des zu weit Gehens oder nicht weit genug Gehens, Gesten materieller Opulenz oder das Subjektiv-Befindliche treten als künstlerische Mittel und Haltungen oft in den Hintergrund.
Künstlerische Widerspenstigkeit
Im Unterschied dazu versammelt die Ausstellung «Raw and Delirious» Arbeiten, die von intensiven und exzessiven Gestaltungsweisen – von handgemachtem ,low-tech’ bis hin zu genuin künstlerischen Materialien – geprägt sind. Produktionsansatz und Formfindung spielen mit visuellen und inhaltlichen Widrigkeiten. Die Werke sind nicht verführerisch glatt poliert und diskret, sondern einfach, roh und bisweilen seltsam vulgär. Die Möglichkeit oder Unmöglichkeit von Haltungen künstlerischer Widerspenstigkeit, die sich in Form und Material manifestiert, wird in diesen Arbeiten ausgetestet. Einigen Werken ist eine Bewegung des Schichtens und Wucherns eigen – ein metaphorisches Ringen mit Umständen und Zuständen, das zum Nachdenken darüber anregt, was in einer Welt gleichgeschalteter Bilder und technologisch-kommunikativer Möglichkeiten das Spezifische, Autonome oder Widerständige der Kunst sein kann.
Mit Werken von:
Mathis Altmann, Leidy Churchman, Michaela Eichwald, Ida Ekblad, Ellen Gronemeyer, Ull Hohn, Yannic Joray, Marlie Mul, Jack Smith, Julie Verhoeven und Amelie von Wulffen