Der Fotograf René Burri wie auch der Stararchitekt Le Corbusier beschäftigten sich intensiv mit dem Thema Mensch – was die beiden auch persönlich miteinander verband. Die Galerie da Mihi in Bern zeigt künstlerische Arbeiten der beiden, aber auch Archivmaterialien und Interview-Ausschnitte.
Galerie Da Mihi Bern | René Burri – Le Corbusier
- Publiziert am 19. Januar 2016
Liebevoller Beobachter
Der Architekt Le Corbusier (1887–1965) und der Fotograf René Burri (1933–2014) setzen sich in ihrem Schaffen auf sehr unterschiedliche Art und Weise mit dem Thema Mensch auseinander. Die Schau «René Burri – Le Corbusier, im Zentrum der Mensch» stellt ihre Arbeiten einander gegenüber. René Burri verfolgt das Ideal eines humanen, einfühlsamen und respektvollen Bildjournalismus. Menschen, ob berühmt oder nicht, stehen für ihn im Mittelpunkt. Mit seiner offenen Art gelang es Burri, das Vertrauen der Porträtierten zu gewinnen. Diese Haltung ist auch in den Fotografien zu spüren, die Burri von Le Corbusier machte. Er versuchte, mit seiner Kamera hinter die Fassade des Stararchitekten zu blicken. Seine «biografischen Schnappschüsse» vermitteln den Betrachtenden einen intimen Einblick in das Leben Le Corbusiers.
Distanzierter Theoretiker
Le Corbusier wiederum ist in seiner Herangehensweise an den Menschen ganz der Theoretiker. So interessierte er sich für die Vermessung der physischen Dimension des Menschen. In den Jahren 1942–1955 entwickelte er den Modulor. Dieses Proportionssystem ist der bedeutendste moderne Versuch, der Architektur eine am Mass des Menschen orientierte Ordnung zu geben. Auch für seine Wohnmaschinen stellte Le Corbusier die Architektur in den Dienst des Menschen und richtete sie auf die Bedürfnisse der Bewohner aus: Die Wohnung sollte eine ideal eingestellte Maschine sein, die den Bewohnern das Leben erleichtert. In den Lithografien Le Corbusiers, die in der Ausstellung zu sehen sind, tritt der Mensch gar als zur Architektur gewordenes Wesen auf.
Langjährige Bekanntschaft
René Burri schoss im Alter von 13 Jahren in Zürich ein Foto von Winston Churchill. 1950 begann er seine Ausbildung zum Fotografen an der Kunstgewerbeschule in Zürich. 1959 wurde er Mitglied der prestigeträchtigen Fotoagentur Magnum in Paris. Schon während seines Studiums war Burri fasziniert von Le Corbusier, dem zum Mythos gewordenen Stararchitekten. Er näherte sich dem Architekten an, indem er dessen – teilweise noch im Bau befindendlichen – Gebäude zu fotografieren begann. Burri zeigte in seinen Bildern stets auch die Bewohner der Gebäude. Laut Burri fand Le Corbusier nach anfänglicher Skepsis Gefallen an dieser Darstellung. Ab 1955 hatte Burri viele Gelegenheiten, Le Corbusier von seiner privaten sowie beruflichen Seite zu porträtieren. 1962 schenkte Burri dem Architekten ein selbstgemachtes Leporello mit Originalfotografien, die er seit 1953 bei verschiedenen Gelegenheiten von ihm gemacht hatte. Ein Faksimile dieses Geschenks ist in der Berner Ausstellung zu bewundern. 2010 erinnerte sich Burri in einem Radio-Interview an seine Begegnungen mit Le Corbusier, die er mit den Worten «immer ein bisschen mit Zuckerbrot und Peitsche» umschrieb.