In den Hallen 3 und 4 der Brussels Expo präsentieren sich insgesamt 132 führende Galerien aus unterschiedlichsten Bereichen, die neben überzeugenden Präsentationen auch wohlbekannte Namen aus der Kunstgeschichte darbieten.
Die 69. Ausgabe der BRAFA Art Fair
Eine Ode an Träume und Poésie
Der Surrealismus verleiht der diesjährigen BRAFA besondere Akzente: Die Paul Delvaux Stiftung, Ehrengast der BRAFA, begeht mit einer überblicksartigen Präsentation den 30. Todestag des gleichnamigen belgischen Malers (Belgien, 1897-1994) – 15 Werke illustrieren in einer Sonderausstellung auf der Messe das künstlerische Schaffen Paul Delvaux. Zudem zeigen gleich mehrere Aussteller rund 30 seiner Werke. Sie spiegeln die wiederkehrenden Themen des Künstlers – Frauen, Bahnhöfe, Züge und Skelette – wieder. Während die Boon Gallery (Knokke, Stand 26) ein Gemälde mit dem Titel La ville lunaire (1944) (und gleichzeitig, wenn auch thematisch an anderer Stelle angesiedelt, ein Werk des koreanischen Künstlers Lee Ufan sowie einen grossartigen Jean Dubuffet, den es unbedingt zu sehen gilt, mitbringt) und Francis Maere Fine Arts (Gent, Stand 40) das Werk L’été (1963) zeigen, präsentiert die Galerie Taménaga (Paris, Stand 87) La tente rouge (1966) und die Opera Gallery (Genf, Stand 107) die Arbeit La fin du voyage von 1968.
2024 jährt sich auch der 100. Jahrestag der surrealistischen Bewegung. Unter den zahlreichen surrealistischen Werken, die von verschiedenen Ausstellern gezeigt werden, findet sich eines von 19 Originalexemplaren des Surrealist Manifesto von André Breton (Frankreich, 1896-1966) aus dem Jahr 1924, das von der Librairie Lardanchet (Paris) am Stand 116 des Verbands Belgischer Antiquare (CLAM) präsentiert wird. Weiterhin ist ein spektakuläres Werk von Magritte (Belgien, 1898-1967) aus dem Jahr 1928, Le Palais de Rideaux, bei der Galerie de la Béraudière (Brüssel, Stand 86) und eine Wand voller Zeichnungen desselben Künstlers am Stand der Galerie De Jonckheere (Genf, Stand 30) zu sehen. Die Repetto Gallery (Lugano, Stand 85) stellt indes ein Werk von Giorgio de Chirico (Griechenland, 1898-1978, Italien) mit dem Titel Piazza d’Italia con Arianna, datiert auf Anfang 1950, vor. Zudem ist eine Zeichnung von Léon Tutundjian (Türkei, 1905-1968, Frankreich), die das humorvolle Temperament der Surrealisten meisterhaft einfängt, bei der Galerie Alexis Pentcheff (Marseille, Stand 83) zu bewundern.
Besondere Augenmerk und Einzelpräsentationen
Die Galerie Bernard De Leye (Brüssel, Stand 42) präsentiert eine erlesene Auswahl spanischer Objekte, darunter 100 Elemente liturgischer Silberwaren bestehend aus vergoldetem Silber, Silber, Gold, Bergkristall und weiteren edlen Materialien aus der Zeit zwischen dem 15. bis 17. Jahrhundert. Hinzu kommen mehrere italienische Objekte derselben Periode wie z.B. einige beachtliche Wandleuchter, die alle aus einer Sammlung stammen, sowie eine Kiste von Josef Hoffmann (Tschechische Republik, 1870-1956, Österreich), produziert von der Wiener Werkstätte.
Die Galerie Flak (Paris, Stand 92) bringt eine über die vergangenen 20 Jahre zusammenge-tragene aussergewöhnliche Gruppe mit Dutzenden antiker „Kachina“-Puppen aus der Zeit von 1880 bis 1930 mit, die aus renommierten europäischen und US-amerikanischen Sammlungen kommen. Es handelt sich um Objekte, die ein lebendiges Zeugnis der Traditionen und des Glaubens der Ureinwohner Amerikas ablegen.
Als Spezialisten für Impressionismus, moderne und zeitgenössische Kunst zeigt die Galerie Taménaga (Paris, Stand 87) beachtliche Werke von Marie Laurencin (Frankreich, 1883-1956) – so auch das feine Gemälde Jeunes filles aux jeux aus dem Jahr 1938.
Während die Galerie Hadjer (Paris, Stand 132) eine Gruppe von Wandteppichen Fernand Légers (Frankreich, 1881-1955) – entstanden in Zusammenarbeit mit der bekannten Tapisseriewerkstatt von Aubusson – präsentiert, hebt die Richard Saltoun Gallery (London, Stand 76) Textilarbeiten von Künstlerinnen der Nachkriegszeit, deren Werke bereits vielerorts museal gewürdigt wurden, hervor, darunter Jagoda Buić (Kroatien, 1930-2022) mit einer Arbeit aus Wolle, Cercle dynamique von 1976, und Ewa Pachucka (Polen, 1936-2020, Frankreich) mit Die Hose, 1969, einer aus Hanf und Sisal bestehenden Latzhose.
Die auf Teppiche und Textilien spezialisierte Galerie N.Vrouyr (Antwerpen, Stand 68) präsentiert eine Reihe von Teppichen der Amsterdamer Schule. Ein besonders aussergewöhnliches Exemplar ist hier ein im Tuschinski-Stil gehaltener Teppich von Jaap Gidding (Amsterdam 1887-1955) aus dem Jahr 1920. Der Tuschinski-Stil geht zurück auf den aus Polen in die Niederlande eingewanderten Abraham Icek Tuschinski, der einen Teil seines Vermögens für den Bau von aussergewöhnlich dekorierten Theatern verwendete – um so den Menschen Kultur näher zu bringen.
Samuel Vanhoegaerden Gallery (Knokke, Stand 114) konzentriert sich auf Tom Wesselmann (USA, 1931-2004), eine führende Figur der Pop Art und bekannt für seine legendären Serien wie “Great American Nude“ und “Steelcut Works“.
Derweil stellt rodolphe janssen (Brüssel, Stand 36) ein klassisches Thema in den Mittelpunkt seiner Standpräsentation – das „Stillleben“ oder „Nature Morte“ – und fördert so einen Dialog zwischen historischen Werken (einem Blumenstrauss von Jacob Marrel aus dem 17. Jahrhundert, einer Radierung von James Ensor, einer Zeichnung von Félicien Rops und einer weiteren von René Magritte) und neueren Arbeiten der Galeriekünstler*innen (darunter Sean Landers, Thomas Lerooy, Dan McCarthy, Alvin Ong, Tom Poelmans, Emily Mae Smith und anderen).
Bei Marc Heiremans (Antwerpen, Stand 90) – ein Spezialist für Kunstgwerbe des 20. und 21. Jahrhunderts – können die Besucher*innen rund zwei Dutzend Glasarbeiten des Designers Floris Meydam (Niederlande, 1919-2011) aus der Königlichen Niederländischen Glasfabrik, Koninklijke Nederlandse Glasfabriek Leerdam, bewundern. Mit dabei ist u.a. eine hervorragend gearbeitete gelbe Vase in aussergewöhnlicher Grösse und von musealer Qualität.
20 neue Galerien
Mehr als die Hälfte der 20 neuen Aussteller sind Spezialisten für Alte Meister (Gemälde, Skulpturen und Objekte), darunter die Galerie Nicolás Cortés (Madrid, Stand 89), die zwei Porträts von Lavinia Fontana (Italien, 1552-1614) – der Tochter Prospero Fontanas, einem führenden Maler des Manierismus – zeigt. Romigioli Antichità (Legnano, Stand 46), Experte für die Haute Epoque, präsentiert ein Fragment eines verlorenen Altars aus der Kirche Santa Trinita in Florenz: ein Paar Putten aus Carrara-Marmor von Giovanni Baratta (Italien, 1670-1747) aus dem Jahr 1699, während Zebregs&Röell Fine Art and Antiques (Amsterdam, Stand 110) ein mit Intarsien versehenes Möbelstück, datiert auf Ende des 17. Jahrhunderts, von Jan van Mekeren (Niederlande, 1658-1733 Amsterdam) mitbringt. Van Mekeren gilt als der wichtigste Amsterdamer Kunsttischler des ausgehenden 17. Jahrhunderts. Gleichzeitig zeigt die Galerie eine grosse japanische Nambam-Lacktruhe, hergestellt für den portugiesischen Markt, Kyoto, Moyoyama-Periode, spätes 16. Jahrhundert, aus schwarz lackierter Hinoki-Zypresse, verziert mit Goldlack, Intarsien aus Perlmutt
und vergoldeten Kupferbeschlägen.
Costermans & Pelgrims de Bigard (Brüssel, Stand 17) präsentiert ein Paar Kandelaber aus der Zeit Ludwigs XVI., das dem Bronzeschmied François Rémond (Frankreich 1747-1812) zugeschrieben und wahrscheinlich unter der Regie von Dominique Daguerre um 1780 hergestellt wurde. Daguerre stattete in den 1790er Jahren den Prinzen von Wales (später Georg IV.) mit zwei Paaren des gleichen Modells aus, die für seine Londoner Residenz Carlton House (Royal Collection 2695) bestimmt waren.
Wiedersehen macht Freude
Zu den Neuzugängen gesellen sich Stammgäste der BRAFA: Die Galerie Florence de Voldère (Paris, Stand 25) stellt das Werk Die Anbetung der Könige von Cornélis van Cleve (Belgien, 1520-1567), dem Sohn und Schüler des grossen Antwerpener Meisters Joos van Cleve (Belgien, 1485-1541), vor, während Floris van Wanroij Fine Art (Dommelen, Stand 18) gleich zwei Skulpturen mit musealer Qualität ausstellt – La Vierge et l’Enfant sur le croissant de lune, spätes 15. Jahrhundert, und La vierge et l’enfant aus dem frühen 16. Jahrhundert, hergestellt in Maline. Klaas Muller (Brüssel, Stand 4) wartet mit einem bedeutenden Barockwerk von Willeboirts Bosschaert (Niederlande, 1613-1654), Amor Triumphans, aus der Zeit um 1640-1645 auf.
Im aussereuropäischen Bereich markiert die Galerie Kevorkian (Paris, Stand 34) ihre Rückkehr zur BRAFA mit einem besonderen Rhyton – einer aus Terrakotta gefertigten Vase, die durch ihre geformten, modellierten und gedrehten Verzierungen unter türkisfarbener Glasur, Iran, späte Parther- und frühe Sassanidenzeit, zweites bis drittes Jahrhundert n. Chr. Sowohl bei religiösen und weltlichen Zeremonien als auch Ritualen in Verbindung mit Amtseinführungen und der Übertragung der königlichen Macht fanden solche Gefässe Verwendung.
Nicht zu verpassen gilt es bei Dalton Somaré (Mailand, Stand 7) eine seltene zoomorphe und ursprünglich als Opferaltar dienende Figur der Tellem Dogon, Mali, 1309-1424 n. Chr. Die Montagut Gallery (Barcelona, Stand 103) zeigt eine ungewöhnlich grosse (60 cm) und äusserst raffinierte Baule-Statue von der Elfenbeinküste, datiert auf das 19. Jahrhundert (oder früher) – ein Meisterwerk von aussergewöhnlicher Qualität. Die Claes Gallery (Brüssel, Stand 35) beeindruckt mit einer eleganten Yaure-Maske, ebenfalls Elfenbeinküste, die zwischen Ende 19. bis Anfang 20. Jahrhundert entstand. Für die Präsentation ist das Objekt auf einem einzigartigen „hängenden” Möbel von Jean Prouvé aus dem Jahr 1946 fixiert, das aus Holz, gefaltetem Stahlblech und Aluminium gefertigt ist (330 × 800 × 69 cm).
Am Stand von Bertrand de Lavergne (Paris, Stand 5) können Besucher*innen eine Gruppe Porzellan aus Epoche der Qing-Dynastie (1644-1912) entdecken, darunter eine blau-weisse Porzellan-Servierplatte gefertigt aus sogenanntem „Kraakporselein” und versehen mit einem lebendigen Landschaftsdekor, China, 17. Jahrhundert, um 1620-1630. Durchmesser: 46,5 cm.
Thomas Deprez Fine Arts (Brüssel, Stand 117), ein Spezialist für belgische Fin-de-Siècle-Kunst, bringt ein monumentales Triptychon von Emile Fabry (Belgien, 1865-1966) mit, das nach Jahrzehnten der Aufteilung zum ersten Mal wieder von einem Sammler zusammengeführt wurde: Le péché originel, Les Déesses de la Vie und Prométhée & Pygmalion, um 1896.
Bei den modernen Skulpturen zeigt die Galerie Nicolas Bourriaud (Paris, Stand 61) die Arbeit Femme assise les mains dans le dos von Robert Couturier (Frankreich, 1905–2008), 1991 in Bronze umgesetzt. Zu Lebzeiten des Künstlers wurden nur ganze drei Exemplare gegossen. Die Helene Bailly Gallery (Paris, Stand 88) stellt einen sehr seltenen Tête d’homme von Ossip Zadkine (Belarus, 1888-1967, Frankreich) vor – 1928 vom Künstler aus Ceylon-Holz gefertigt, verspricht die Skulptur dank ihrer beeindruckenden Modernität ein Blickfang zu werden.
Harold t’Kint de Roodenbeke (Brüssel, Stand 32) zeigt 12 einzigartige Werke – Skulpturen, Lavierungen und Aquarelle – von Rik Wouters (Belgien, 1882-1916, Niederlande) und gleichzeitig eine grosse Ölmalerei im Street-Art-Stil von Keith Haring (USA, 1958-1990), das in Kooperation mit seinem Freund LA (Angel Ortiz) entstanden ist. Die Galerie Berès (Paris, Stand 66) präsentiert ein reversibles Ölgemälde von Simon Hantaï (Ungarn, 1922-2008, Frankreich), Untitled, ca. 1969-1973, beidseitig signiert und datiert, während die Galerie Boulakia A&R Fleury (Paris, Stand 45) ein Werk von Sam Francis (USA, 1923-1994), Untitled SF75-601, 1975, vorstellt.
Ein absolutes Highlight bei der BRAFA 2024 lässt sich am Stand der Zidoun-Bossuyt Gallery (Luxemburg, Stand 126) bestaunen: Jean-Michel Basquiats (USA, 1960-1988) Malerei Blue Skies, 1985.
Gestalterisch besticht im Bereich Design ein Beistelltisch des Italieners Carlo Bugatti (1856-1940) bei der Galerie Mathivet (Paris, Stand 3): gefertigt aus Pergament mit einem polychromen Libellen-Dekor, veredelt mittels Vergoldung und gestempeltem Kupfer und mit einer rechteckigen Platte (39 × 44 × 44 cm) versehen, datiert auf 1902. Das Möbel zeichnet sich durch seine Polychromie und Messingarbeiten aus – letzteres eine Anspielung auf einen romantisierten Orient. Am Stand von Gokelaere & Robinson (Knokke/Paris, Stand 37) findet sich ein Guanabara-Tisch von Jorge Zalszupin (Brasilien, 1922-2020) aus dem Jahr 1959, der aus Palisanderholz, Beton und Leder (74 × 452 × 132 cm) besteht. Ursprünglich für einen Konferenzraum entworfen, stellt er eine perfekte Balance zwischen Monumentalität und Leichtigkeit dar, kombiniert zudem mit der Qualität brasilianischer Hölzer. Brasilianisches Design zeigt sich auch bei Axel Vervoordt (Antwerpen, Stand 129) mit dem Werk von Joaquim Tenreiro (Portugal, 1906-1992, Brasilien).
Im Bereich zeitgenössische Kunst steht der international renommierte belgische Künstler Martin Margiela, der bereits seit über 20 Jahren die Modewelt begeistert, bei Bernier/Eliades Gallery (Athen, Brüssel, Stand 11) mit unterschiedlichen Medien (Malerei, Skulptur, Installation, Collage, Video) im Mittelpunkt. Ausserdem finden sich am gleichen Stand einige Arbeiten von Cameron Jamie (USA, 1969): Fuzz’s Second Dream, 2023, und zwei Skulpturen.
Neben anderen Preziosen präsentiert Pauline’s Jewellery Box (Brüssel, Stand 62) eine vollständig erhaltene Kreuter-Tiara, bestehend aus unerhitzten Ceylon-Saphiren in Platin- und Diamantfassung aus dem Jahr 1911. Eine weitere Attraktion zeigt Barbara Bassi (Cremona, Stand 55): ein Collier aus Smaragden, Saphiren, Gold und Silber von Mario Buccellati (Italien 1891-1965), 1930.
Textgrundlage : BRAFA Art Fair