In den Werk der Künstlerin, Komponistin und Performerin finden der Herzschlag des Publikums, die Atmung, Vogelgezwitscher oder die Tagträume ausrangierter Klaviere zusammen. Maya Dunietz’ Ansatz ist postmodern-avantgardistisch, ihr Werk kann humorvoll, zärtlich oder auch rau sein – immer aber ist ihr Œuvre eine freundliche Einladung, sich mit allen Sinnen einzulassen.
Eine Einladung mit dem ganzen Körper zu hören
Maya Dunietz verbindet in ihrer Arbeit klassische Musik und bildende Kunst, Installation und Konzert, Klang und Rhythmus.
Einblick in ein vielschichtiges Werk
Inspiration findet die israelische Künstlerin Maya Dunietz (*1981) in musikalischen Traditionen auf der ganzen Welt oder in der Natur: Das Verhalten eines Schwarms von Fischen, Vögeln oder Insekten fliesst ebenso in ihre Arbeit ein wie der samische Joik, der eintönig-gutturale Gesang der Ureinwohner:innen Laplands. Das verbindende Element ist die Arbeit am Klang, am weltumfassenden Sounderlebnis. Maya Dunietz’ Projekte reichen von kleinen Gesten, die die Regeln einer Zeremonie in einem Konzertsaal erweitern, bis hin zu Performances mit Massenbeteiligung. Während ein einsames Piano von Geisterhand bewegt eine neue Komposition der Künstlerin spielt und von Anwesenheit in der Abwesenheit erzählt, hat sich in einem anderen Raum eine Herde altersschwacher Klaviere versammelt. In der Klanginstallation 17 Chilling Mammoths (2022) schnaufen, brummen und röhren die Instrumente wie die eiszeitlichen Viecher. Mittels einer raffinierten elektronischen Steuerung werden die Relikte einer bürgerlicheren Epoche zu Klangskulpturen, zwischen denen man über das Vergehen der Zeit, das Brausen der Welt, über Vereinzelung und Gemeinschaft nachdenken kann. Was Töne von sich gibt, was sich bewegt, atmetet, pulsiert, nimmt man als lebendig wahr. So erhalten nicht nur die Klaviere, sondern auch die pochende, glänzende Membran in 25Hz – 25fps (2022), das Brain on a Plate (2022) oder die Mechanical Lungs (2022) etwas Wesenhaftes.
Dunietz an den Küssnachter Klausjagen
Gleichzeitig spielt die Künstlerin mit dem Kontrast von Gleichklang und Disharmonie, von synchronen und asynchronen Rhythmen, Klängen und Bewegungen. Boom (2024) wiederum basiert auf einer Performance, in der die Künstlerin singt, überblendet mit einer Projektion ihrer selbst. So verschwimmen ihre Umrisse, während sie wie in einem Loop gefangen von einer Art Alptraum erzählt. Oft kreiert Maya Dunietz ortsbezogene Werke. Im Dezember 2023 hat die Künstlerin am traditionellen Küssnachter Klausjagen teilgenommen. Kern des Zentralschweizer St.-Niklaus-Brauch ist ein nächtlicher Umzug mit Hunderten von Geiseln, Glocken, Kuhhörnern, Blasinstrumenten und bunten Laternen. Für das Kunstmuseum Luzern hat Maya Dunietz nun aus ihren Tonaufnahmen eine vielstimmige Klanginstallation entwickelt. Der Ausstellungstitel Swarm, dt. Schwarm, zielt auf viele. In «Swarm» ist «warm» enthalten, also die Wärme von Tönen, Menschen und Begegnungen. Aber auch «war» steckt darin, engl. für «Krieg». Solche Ambivalenzen miteinander im geschützten Museumsraum auszuhalten, Angst und Trauer zu teilen, aber nicht zu verzweifeln. Kuratiert von Fanni Fetzer.
(Textgrundlage: Kunstmuseum Luzern)