Marion Nyffenegger, oder Marion Lara wie sie sich auf ihrer Webseite nennt, ist eine beeindruckende, junge Frau, die genau weiss, was sie will, vom Leben und von ihrer Kunst. 2019 schloss sie die Hochschule Luzern mit dem Bachelor in Animationsfilm ab und wurde im selben Jahr mit dem Filmförderpreis Solothurn ausgezeichnet. Ihr Abschlussfilm «Das Leben ist eines der Leichtesten» (2019) feierte in Locarno Weltpremiere. Weitere Kurzfilme belegten bei diversen Festivals den ersten Platz.
Auf Besuch bei der Preisträgerin des Innerschweizer Nachwuchs-Kurzfilmwettbewerbs Marion Nyffenegger
Die 27-jährige Filmschaffende hat mit ihren animierten Kohlenzeichnungen ihre ganz eigene Filmsprache gefunden.
Der Innerschweizer Nachwuchs-Kurzfilmwettbewerb ist ein Ideenwettbewerb, der zukünftige Filmschaffende am Anfang ihrer beruflichen Tätigkeit bei der Realisierung ihres ersten oder zweiten Filmes unterstützt. Er ist auf Kurzfilmprojekte sämtlicher Kategorien von unter 30 Minuten Länge angelegt. Auf der Basis eingereichter Exposés werden vier Projekte mit je 15’000 Franken prämiert und bei der Weiterbearbeitung gefördert. In der anschliessenden Schlussrunde wird ein Projekt mit maximal 50’000 Franken zur filmischen Umsetzung unterstützt. Die Ausschreibung erfolgt jährlich. Das Engagement der Albert Koechlin Stiftung im Bereich der Filmförderung umfasst neben dem Innerschweizer Nachwuchs-Kurzfilmwettbewerb auch das Format des Innerschweizer Filmpreises.
Kohle an den Fingern
Für ihre animierten Kurzfilme verwendet Marion Nyffenegger am liebsten den Kohlenstift, trotz verschmierter Finger und dem einen oder anderen schwarzen Klecks im Gesicht. Denn gerade die Textur von Kohle liebt sie beim Entstehungsprozess ihrer Animationen. So versucht sie, komplexe Gefühle durch ihre animierten Kohlezeichnungen in ihre ganz eigene, sensible und eindrückliche Bildsprache zu übersetzen. Während Marion Nyffenegger bei der Ausführung der einzelnen Bilder viel alleine in ihrem kleinen Filmstudio im Keller ihres Luzerner Ateliers verbringt, freut sie sich auch auf den Moment, wenn sie ihr «Baby» an den Sounddesigner und das restlichen Produktionsteam weiterreichen kann. Deshalb ist ihr ein gutes Teamwork sehr wichtig.
Nomansland
Die Ideen für ihre animierten Kurzfilme sucht sie ganz bewusst in der tiefgründigen und komplexen Gefühlswelt. Dabei kennt die Nachwuchsfilmschaffende keine Berührungsängste, im Gegenteil. Der Entstehungsprozess ihrer Animationen sind kreative Ausdruckform und
Therapie wie Heilung zugleich, wie auch ihr aktuelles Animationsfilm-Projekt «Nomansland». Mit ihrem Exposé, das sie gemeinsam mit der Produktionsfirma Ulmi Film eingereicht hat, gewinnt Marion Nyffenegger den Innerschweizer Nachwuchs-Kurzfilmwettbewerb der Luzerner Albert Koechlin Stiftung 2022. «Das Projekt überzeugte die Fachjury durch die sensible Herangehensweise der Autorin und durch die Dringlichkeit, mit der sie das Thema der Traumata-Aufarbeitung nach sexuellem Übergriff verfolgt», heisst es in der Medienmitteilung. «Im durchdachten Zusammenspiel der Animationstechnik mit Kohle auf Papier mit einer Tonebene, die Aussagen von Direktbetroffenen enthält, werde ein Werk geschaffen, das eine hohe künstlerische Intensität und Relevanz aufweise», begründet die Jury weiter. Darauf angesprochen, wo sie sich als Animationskünstlerin in ein paar Jahren sieht, hat Marion Nyffenegger ein ganz klares Bild vor Augen. Nicht Hollywood, sondern ein Haus auf dem Lande, mit grossem Atelier als Begegnungsstätte, als Therapieraum, wo Menschen ihre Kreativität ausleben können, gemeinsam über ihre Gefühle reden können und dann weiterziehen.