Mit «L’Îlot» wird, so die Begründung der Jury des Internationalen Wettbewerbs, ein Schweizer Debütfilm ausgezeichnet, der sich zwischen magischem Realismus und kollektivem Porträt bewegt. «A Long Journey Home» von Wenqian Zhang (China) wird als Bester Film des Wettbewerbs Burning Lights geehrt. Die japanisch-schweizerische Filmemacherin Julie Sando kann mit «Fuku Nashi» den Nationalen Wettbewerb für sich entscheiden. Der Publikumspreis geht an «Fire of Love» von Sara Dosa,
Visions du Réel 2022 | Gewinner
- Publiziert am 16. April 2022
«L’Îlot» von Tizian Büchi gewinnt den Grand Prix des Festivals, der Publikumsliebling heisst «Fire of Love».
«L’Îlot» – Schweizer Grand Prix Gewinner
Mit «L’Îlot» von Tizian Büchi gewinnt seit 2013 erstmals wieder ein Schweizer Film den Grand Prix von Visions du Réel. Das in Lausanne angesiedelte Langfilmdebüt überzeugte die Jury als «brillante Beobachtung, welche die Koordinaten geografischer Räume in universelle Dimensionen übersetzt». «L’Îlot» erzählt in Form einer Doku-Fiktion die Geschichte zweier Wachtmänner. In der Hitze des Sommers überwachen die beiden Sicherheitsleute Ammar und Daniel den Fluss, der durch den kleinen Wald unterhalb eines Lausanner Arbeiterviertels fliesst. Während sie ihre Runden drehen und Menschen treffen, taucht eine Frage auf: Was könnte in der Nähe des Flusses passiert sein? Tizian Büchi, der den Film realisierte, studierte Filmgeschichte und Filmästhetik an der Universität Lausanne und Regie am Institut des Arts de Diffusion (IAD – Belgien). Er arbeitet als Verleiher für die Zürcher Firma Look Now!, als pädagogischer Assistent in der Filmabteilung der HEAD in Genf und als Programmgestalter für verschiedene Festivals, darunter das NIFFF in Neuchâtel, das Festival von Locarno und zurzeit für die Solothurner Filmtage und die Kurzfilmtage Winterthur. Nach «On avait dit qu’on irarait jusqu’en haut» und «La saison du silence» ist «L’îlot» sein erster Spielfilm.
Publikumsliebling «Fire of Love»
Beim Publikum kam am besten jener Film an, der das diesjährige Festival auch eröffnete, «Fire of Love» von Sara Dosa, der Ende Januar 2022 beim Sundance Film Festival seine Premiere feierte. Erzählt wird die Geschichte von Katia und Maurice Krafft. Diese waren nicht nur ein Paar, sie teilten auch ihre Leidenschaft für Vulkane. Im Laufe ihres gemeinsamen Lebens hielten sie unzählige Ausbrüche auf 16-Millimeter-Film fest und schufen Tausende von Fotografien. Die Französin und der Franzose arbeiteten nach ihren Abschlüssen in Geologie beziehungsweise Geochemie und Physik ausschliesslich freiberuflich und gründeten 1968 das «Centre de Volcanologie Vulcain» als eine Art schnelle Eingreiftruppe junger Wissenschaftler, die äusserst kurzfristig zu Eruptionen aufbrechen konnte. Ab den 1980er Jahren verlagerte sich ihr Interessenschwerpunkt vom effusiven Vulkanismus. Sie drehten im Auftrag der UNESCO auch einen Lehrfilm über vulkanische Gefahren. Zusammen mit ihrem US-amerikanischen Freund und Kollegen Harry Glicken sowie 40 weiteren Personen starben die Kraffts im Sommer 1991 beim Abgang eines pyroklastischen Stromes am japanischen Vulkan Unzen.