Das neue Werk von Chrieg-Regisseur Lorenz Merz mit den Jungtalenten Ella Rumpf, Luna Wedler und Pablo Caprez räumte bereits reihenweise Preise ab, u.a. in Locarno und am Filmfestival Max Ophüls Preis. Die Jury konstatierte: «Soul of a Beast» ist ein Feuerwerk aus Bildern, Musik, Geräuschen, Sinnlichkeit und Magie! Wir lassen unsere Kritiker ihre Argumente in den Ring werden: Ist Merz’ Film ein «Werk voller Mysterien» oder einfach nur «überfrachtet und schwer verdaulich»?
Soul of a Beast
Ein schwüler Sommertrip, der für viele Kritiker:innen der Favorit für den diesjährigen Schweizer Filmpreis war – aber nicht für alle!
Soul of a Beast | Synopsis
Im Rausch des Sommers verliebt sich der junge Vater Gabriel in die mysteriöse Corey, die Freundin seines besten Freundes Joel. Überwältigt von seiner eigenen Entscheidung, die sein Leben für immer verändert, wird Gabriel in die unerbittliche Wildnis seines Herzens katapultiert, wo die Fantasie realer ist als die Wirklichkeit.
Pro-Stimme
von Geri Krebs
Es hat in den letzten Jahren im Schweizer Spielfilm ein paar Versuche gegeben, im Bereich von filmischem ‹Mindfucking› international Anschluss zu finden, mithin so etwas wie ein einheimisches filmisches ‹Psychodelphia› zu erschaffen. Meistens ist es bei Versuchen geblieben, Filme wie etwa «Polder» von Samuel Schwarz oder «Sekuritas» von Carmen Stadler schafften zwar Verwirrung und Irritation, blieben aber doch eher blutleere Kopfgeburten. Zwar gab es auf dem Gebiet doch auch Geglücktes, wie etwa «Aloys» von Tobias Nölle «Der Unschuldige» von Simon Jaquemet – Filme, denen allerdings leider ein grösserer Publikumserfolg versagt blieb. Was nun bei «Soul of a Beast» anders sein dürfte, dieser cleveren Verbindung von glitzernder Oberfläche, einem Plot, bei dem man als Zuschauer bald nicht mehr weiss, wie einem geschieht und einer Tonspur, die einen magisch hineinzieht auf einen irren Ritt in eine vertrackt-melodramatische Dreiecksgeschichte. Und dass man dabei ein Zürich erlebt, das so nachtfiebrig-abgefucked – und zugleich in unwirklicher Schönheit erstrahlend – noch nie in einem Film zu sehen war: Allein schon deshalb lohnt sich der Film. Und die Arbeit der beiden Kameramänner Fabian Kimoto und Lazslo Ovlysky und die von Cutterin Noemi Preiswerk in Zusammenarbeit mit Lorenz Merz erschaffen einen Strom von Bildern, den man nicht so schnell vergisst. Und die schauspielerische Präsenz, mit der Newcomer Pablo Caprez und seine beiden (erfahrenen) Filmpartnerinnen Ella Rumpf und Luna Wedler agieren, lassen einen glatt übersehen, dass man auch nach mehrmaligem Visionieren die Präsenz einer Giraffe und einer japanischen Erzählstimme nicht ganz verstanden hat – doch missen möchte man sie auf keinen Fall, denn «Soul of a Beast» bleibt ein Werk voller Mysterien.
Contra-Stimme
von Rolf Breiner
Der Jubel ist gross – vom Max Ophüls Preis in Saarbrücken bis zum Quartz in Zürich. «Ein wilder wahnsinniger Ritt, eine Liebeserklärung an das asiatische Kino, eine zutiefst berührende Vater-Sohn-Geschichte», lobt die Jury von Saarbrücken den Zürcher Szenefilm.
Entworfen hat ihn Lorenz Merz. Die wilde Geschichte beginnt mit irrsinnigen Skater-Aktionen und einem rauschhaftem halsbrecherischem Husarenritt auf einem Motorrad. Skater Gabriel bemüht sich um seinen zweijährigen Sohn Jamie. Zoe, die Mutter des Zöglings, lässt ihren Sohn hängen. Die Clique um Gabriel vervollständigen sein leichtlebiger Freund Joel und dessen Freundin Corey. Ihre Aktion – im Zoo einbrechen und Tiere «befreien» – wird wiederholt zitiert – bis zum Untergang einer Giraffe. Gabriels Bemühungen um seinen Sohn sind Leitfaden im Dirty-Zurich-Trip.
Zwischen den Eskapaden baut Merz (Buch und Regie) pseudo-japanische Weisheiten, wobei ein Samurai-Schwert allzu oft symbolträchtig ins Bild wird. Stark ist die Power-Besetzung mit Pablo Caprez (Gabriel), Ella Rumpf (Corey), Luna Wedler (Zoé) und Tonatiuh Radzi (Joel). Sie mischen kräftig auf – auf Teufel komm heraus! Bei allem Wohlwollen, aber was hippie und cool und trendig scheint, kann auch nerven, dass einem Hören und Sehen vergeht! Insgesamt wirkt «Soul of a Beast» überfrachtet, gewollt verzerrt (auch in der Kameraführung), hektisch im Schnitt und schmutzig aus Prinzip. Manche finden das toll und künstlerische wertvoll. Ich halte es für Zürcher Geschnetzeltes – schwer verdaulich.