Der Schweizer Regisseur Tim Fehlbaum wollte ursprünglich das Geiseldrama, das die Olympischen Spielen 1972 in Münschen erschütterte, aus diversen Perspektiven beleuchten: Entführer, Opfer, Justiz, Medien. Doch das aufwändige Vorhaben liess sich nicht finanzieren. So beschränkte er sich darauf, den Film ganz aus der Sicht der Medien zu erzählen. Ein Glücksfall!
SEPTEMBER 5
SEPTEMBER 5 | SYNOPSIS
München, 5. September 1972: Der junge TV-Produzent Geoff des US-Senders ABC bereitet sich auf die Berichterstattung über den zweiten Tag der Olympischen Spiele vor, als er Schüsse hört. Bald stellt sich heraus, dass palästinensische Terroristen elf israelische Athleten als Geiseln genommen haben. Mit Hilfe einer deutschen Dolmetscherin treibt Geoff die Berichterstattung gegen den Widerstand seiner Vorgesetzten voran.
SEPTEMBER 5 | REZENSION
von Felix Schenker
Es war die erste Live-Übertragung eines Terroranschlags weltweit. Eine Gruppe palästinensischer Terroristen nahm am 5. September an den Olympischen Spielen in München elf Mitglieder der israelischen Sportmannschaft als Geiseln. Die Folgen sind bekannt, elf der 14 israelischen Olympiateilnehmer:innen wurden ermordet, darunter fünf Athleten. Die Bilder, die viele von uns noch im Kopf haben – die Terroristen mit den Wollmützen über ihrem Gesicht, die Geiseln am Fenster, die kreisenden Helikopter – wurden damals von Sportjournalisten des US-Senders ABC um Roone Arledge und Geoff Mason mit der Kamera festgehalten und live in die ganze Welt übertragen. 900 Millionen Zuschauer:innen sassen gebannt vor den Bildschirmen. Regisseur Tim Fehlbaum wollte ursprünglich das Geschehen aus diversen Perspektiven beleuchten: Entführer, Opfer, Justiz, Medien. Doch das aufwändige Vorhaben, das ursprüngliche auf einem 170 Seiten schwere Drehbuch basierte, liess sich nicht finanzieren. So beschränkte er sich darauf, seinen herausragenden Thriller ganz aus der Sicht der Medien zu erzählen. Ein Glücksfall! Entstanden ist ein eindringliches Kammerspiel. Am Filmfestival in Venedig löste dieses Begeisterungsstürme aus. Warum Fehlbaums faszinierender Film nicht in dessen Wettbewerb lief, versteht heute noch keine und keiner. SEPTEMBER 5 ist nach den beiden Endzeitdramen HELL und TIDES der dritte Film des Schweizers, der uns vor Augen führt, dass wir es hier mit einem echten Regietalent zu tun haben. Dass SEPTEMBER 5 nun für die Golden Globes als Best Motion Picture – Drama nominiert ist, darf als Bestätigung dafür gewertet werden.
Fazit: Ein Highlight schweizerischen Spielfilmschaffens von internationalem Format und ein Must für alle, die sich für die Rolle der Medien als 5. Staatsgewalt interessieren.
SEPTEMBER 5 | WEITERE STIMMEN
«Der Thriller des Schweizers Tim Fehlbaum lässt uns die dramatische Geiselnahme durch die Augen der Journalistinnen und Journalisten erleben. Der Film wirft medienethische Fragen auf. Wessen Geschichte wird es, wenn Medien bei Terror live berichten – jene des Senders oder jene der Terroristen?» – Zurich Film Festival | «Ein intensiv verdichteter, stark gespielter Journalismus-Thriller, bei dem die aus heutiger Sicht fast schon steinzeitlich anmutende Fernsehtechnik der Siebzigerjahre massgeblich zum Appeal beiträgt.» – Christoph Petersen. Filmstarts.de | «Um keine falschen Erwartungen zu schüren: Auch wenn es in September 5 um die Geiselnahme an den Olympischen Spielen 1972 geht, so ist es mehr ein Film übers Live-TV als ein Film über islamistischen Terror. Entsprechend ist es auch kein Hochspannungs-Thriller, sondern ein aufschlussreicher Innenblick in ein Stück (Massen-)Kommunikationsgeschichte. Diese dialoglastige Art von Filmen muss man mögen – wenn man es tut, kriegt man ein durchaus fesselndes Kammerspiel mit einem engagierten Cast.» -* Simon Eberhard, outnow.ch* |
«Ein atemloser, dichter, schnörkelloser Film.» – Denise Bucher, NZZ
Lesen Sie die ganze herausragende Filmbesprechung von Denise Bucher in der NZZ