Das Filmfestival zeigt rund 36 Dokumentarfilme – von Neuerscheinungen über Retrospektiven bis hin zu ausgewählten Kurzdokus – und bietet ein vielfältiges Rahmenprogramm mit Filmgesprächen und Kulinarik. Im Wettbewerb junger Talente wurden aus über 140 Einsendungen 15 Kurzfilme ausgewählt, das Publikum kürt seinen Favoriten. arttv.ch hat das Programm gesichtet und drei Highlights herausgepickt.
Neue Dokumentarfilme aus der ganzen Welt
- Publiziert am 29. August 2025
Die Brugger Dokumentarfilmtage gehen in die dritte Runde – mit vielen Schweizer Premieren und sogar ein paar Weltpremieren!
Drei Highlights aus dem Programm
EIN LEBEN IN FARBE
Als wir Eleanor das erste Mal begegnen, macht sie Fitnessübungen. Sie scheint ihr Leben in vollen Zügen zu geniessen, besitzt eine farbenfrohe Garderobe, hält sich in Bewegung und tanzt gern. Jeder Tag, jede Stunde kostbar. Kann es sein, dass eine so energetische Frau schon 92 Jahre alt ist? Eleanor will am Leben festhalten und kann sich nicht zu einem Testament durchringen, denn: «I don’t believe in death». Nach dem Zweiten Weltkrieg kam sie von Deutschland nach New York und baute sich eine Karriere als Innenarchitektin auf. Bekannt wurde sie dafür, heruntergekommene Lagerhallen in prächtige Event-Locations zu verwandeln; diese Fähigkeit erscheint im Verlauf des Films wie ein Spiegel für ihr ganzes Leben. Eines Morgens beschliesst Eleanor, sich einer Schönheitsoperation zu unterziehen. Weniger um anderen zu gefallen als sich selbst, und nicht zuletzt als weiteres Manifest ihres Lebenswillens. Doch während die Falten rund um ihre Augen verschwinden, brechen seelische Narben wieder auf, lässt Eleanor uns ihre Einsamkeit spüren. Niemals wird sie die Demütigungen ihres Vaters vergessen, die sie ihre ganze Jugend hindurch begleitet haben. Warum sie nie mit diesem Teil ihrer Geschichte Frieden schliessen konnte, schält sich schliesslich als quintessenzielle Frage des Films heraus. EIN LEBEN IN FARBE zeigt, wie man die eigene Existenz in ihrer ganzen Unvollkommenheit umarmen kann.
Regie: Axel Stasny | Österreich, 2025 | 71 Min.
SONNENSTADT
Wohin gehst du, wenn dir die Welt zu viel wird und einfach nur falsch erscheint? Kannst du fliehen und neu anfangen? Diese Dokumentation begleitet ihre Protagonisten fast ein Jahrzehnt lang, während sie versuchen, in der sibirischen Taiga eine autarke Gesellschaft aufzubauen. Einige von ihnen sind Anhänger einer religiösen Gemeinschaft, deren Anführer sich selbst als Sohn Gottes sieht. Er nennt sich Vissarion. Seit den 1990er-Jahren bauen seine Anhänger und Anhängerinnen hoch oben auf einem abgelegenen Berg eine Siedlung für die Gesellschaft der Zukunft: Die Wohnstätte der Morgenröte. Vissarion selbst bleibt am Rande der Erzählung. Wie Planeten um die Sonne kreisen die Leben dieser Menschen um Vissarion, obwohl sie ihn selten zu Gesicht bekommen. Der Film konzentriert sich auf die Dörfer rund um die Wohnstätte der Morgenröte, wo die meisten seiner Anhänger:innen leben. Fragmente und Szenen aus dem Leben der Bewohner fügen sich zu einem Mosaik zusammen. Wenn man einen Schritt zurücktritt, erkennt man das schillernde Bild dieses Ortes in seiner ganzen Komplexität. Der Film fragt nicht: Ist Vissarion wirklich der Sohn Gottes? Stattdessen stellt er die Frage: Sind die Menschen hier glücklicher als dort, wo sie herkommen?
Regie: Kristina Shtubert | Deutschland, 2024 | 105 Min.
WIDER THAN THE SKY
Was hat die Tanzkompanie von Sasha Waltz mit KI-gesteuerten Robotern an der ETH gemeinsam? Beide nutzen Schwarmintelligenz, um ihre Ziele zu erreichen: Während die deutsche Choreografin die individuellen Fähigkeiten von Tänzer:innen nutzt, um ihr neues Programm einzustudieren, setzen Wissenschaftler:innen in Zürich auf immer leistungsfähigere Algorithmen, um ihren Computern das Laufen beizubringen. Dank rasanten Fortschritten wird die künstliche Intelligenz immer mächtiger und scheint das Potenzial zu haben, den Menschen ihren Platz an der Sonne streitig zu machen. Aber können Maschinen dazu überhaupt in der Lage sein, solange die letzten Geheimnisse der Menschheit noch nicht gelüftet sind?
Regie: Valerio Jalongo | Schweiz und Italien, 2024 | 82 Min.