Moskau Einfach!
Die Komödie um den Fichenskandal von Micha Lewinsky eröffnete die Solothurner Filmtage 2020.
«Micha Lewinsky zeigt einmal mehr ein untrügliches Gespür für gute Geschichten und grosses Talent für präzises und gewitztes Erzählen», begründete Anita Hugi, damals noch Direktorin der Solothurner Filmtage, die Wahl von ,Moskau Einfach!’ als Eröffnungfilm. Der Film sei Vieles in einem: Sittengemälde, Politsatire und Geschichtslektion zugleich. arttv Filmkritikerin Madeleine Hirsiger sieht es genauso.
*Moskau Einfach! | Rezebnsion
von Madeleine Hirsiger
Da wären wir wieder bei einer Schweizer Komödie mit politischem Inhalt. Und sofort gehen die Meinungen auseinander: Da sind die einen, die finden, alles sei klischiert und billig – so gehe das unter keinen Umständen. Dann die andern, die sich köstlich amüsieren, ob so viel Überzeichnung und guten Einfällen. Ich gehöre zur zweiten Sorte, wie auch schon beim «Wolkenbruch».
«Moskau einfach» von Micha Lewinsky behandelt ein historisches Ereignis, das unser Land Ende der 80er Jahre – wir befinden uns im Kalten Krieg – erschüttert hat: Die Fichierung von rund 900.000 Bürgerinnen und Bürgern. Eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) hatte die Affäre an die Oberfläche gebracht. Konsternierung und Wut machte sich breit. So viel Staatsschutz konnte sich niemand vorstellen. Die Aufforderung «nimm doch eine Fahrkarte Moskau einfach, wenn es Dir hier nicht passt» an all jene, die ihren kritischen, freien Geist nicht einschränken mochten und der Meinung waren, sie lebten in einer Demokratie, kam von der konservativen und ängstlichen Gegenseite. Der Staat überwachte rigoros – wie es auch der Film zeigt. Da drängt sich die Karikatur geradezu auf: Lächerlich der «Überwachungsapparat» der Polizei mit dem tollpatschigen Polizisten Viktor (Philippe Graber) in vorderster Reihe, der sich über nichts Gedanken macht, dann sein Chef Marogg (Mike Müller) mit unausgereiften Ideen, dafür mit farbiger Krawatte. Gut getroffen ist die Überheblichkeit er Figur des deutschen Regisseurs im Schauspielhaus, einnehmend hingegen die Figur der Schauspielerin Odile, die Gefühle zeigt und sich zwischendurch auch wundert – wunderbar gespielt von Miriam Stein. Sie alle treffen mit ihrem Spiel ins Schwarze. «Moskau einfach» ist eine gelungene und unterhaltsame Komödie, die auf diese Weise ein wichtiges Stück Schweizer Geschichte transportiert.
Erinnern an ein dunkles Kapitel in der Schweizer Geschichte
«Ich freue mich sehr, die Solothurner Filmtage mit einem Film zu lancieren, der Kunst und Politik ebenso verknüpft wie in Frage stellt und der mit dem gewagten Zugriff einer Komödie an ein dunkles Kapitel der Schweiz erinnert, das uns heute mehr denn je betrifft: die Überwachung all unserer Lebensbereiche.» so Hugi weiter. Regisseur Lewinsky ergänzte: «Die Geschichte von damals ist aktueller denn je. Heute schreiben wir ja unsere Fichen oft selber und stellen sie freiwillig ins Netz. Was mit den persönlichen Daten aus sozialen Netzwerken alles passieren kann, wird gern vergessen.» – Er finde es deshalb wichtig, an die Fichenaffäre und ihre Konsequenzen zu erinnern. Viele Junge wüssten kaum noch, was damals passiert ist. Micha Lewinsky betonte an der Premiere 2020 ausserdem, dass es ihm wichtig war, die Geschichte als Komödie zu erzählen: «Wenn man heute liest, welche Daten da im Detail gesammelt wurden, ist das stellenweise einfach zum Lachen – auch, wenn es damals natürlich ernsthafte Konsequenzen für die Betroffenen hatte.»
Moskau Einfach | Die Synpsis
Herbst 1989: Während in Berlin bald die Mauer fällt, überwacht in der Schweiz die Geheimpolizei Hunderttausende. Viktor (Philippe Graber), ein braver Polizeibeamter, wird von seinem Vorgesetzten (Mike Müller) verdeckt ins Zürcher Schauspielhaus eingeschleust, um Informationen über linke Theaterleute zu sammeln. Als er sich in die Schauspielerin Odile (Miriam Stein) verliebt, jene Person, die er eigentlich observieren soll, gibt es kein Zurück mehr: Er muss sich entscheiden zwischen dem Auftrag und seinem Herzen.