Der Film beleuchtet die aussergewöhnliche Laufbahn von Marinette Pichon, die als Fussballerin am meisten Tore in Länderspielen der französische Nationalmannschaft schoss, Männer und Frauen zusammengenommen. Der Film ist aber auch ein engagiertes Plädoyer, der die Ungleichheit zwischen dem Männer- und Frauensport verdeutlicht.
Marinette
Marinette | Synopsis
Marinette Pichon wurde der Fussball schon in jungen Jahren in die Wiege gelegt. Sie wuchs bei einer mutigen Mutter auf, die sich mit einem gewalttätigen Ehemann herumschlagen musste, überwand aber alle Schwierigkeiten und entwickelte eine unbeugsame Entschlossenheit. Während sie sich mit Gelegenheitsjobs und einer Sportkarriere durchschlägt, wird sie in die französische Nationalmannschaft berufen und von einem grossen amerikanischen Verein entdeckt. Marinette zog mit ihrer Mutter in die USA und verfolgte den Traum, die beste Spielerin der Welt zu werden.
Virginie Verrier wurde in Paris geboren. Sie ist Absolventin des Conservatoire Libre du Cinéma Français und der Universität Paris 8, Abteilung Film. Sie begann ihre Karriere als Regieassistentin. Schnell führte sie Regie bei Kurzfilmen, Musikvideos und Fernsehserien. 2016 gründete Virginie ihre Produktionsfirma VIGO FILMS, um ihren ersten Spielfilm “À 2 heures de Paris” zu produzieren, der im Juni 2018 veröffentlicht wurde. Im selben Jahr lernte Virginie die französische Fussballpionierin Marinette Pichon kennen und beschloss, ihr Leben für die Leinwand zu adaptieren.
Kritik von Djamila Zünd.
Auch im Jahr 2023 haben französische Fussballerinnen immer noch keinen Zugang zum Profi-Status, eine Realität, die fortbesteht.
Fussball als Zuflucht
Der Film untersucht den persönlichen und sportlichen Werdegang von Marinette Pichon, die dem Fussball eine bedingungslose Liebe entgegenbringt. Für sie ist dieser Sport zu einem Zufluchtsort geworden, einem Ort, an dem sie sich zugehörig fühlt und wo sie sich entwickeln und entfalten kann. Ausserdem ist es für sie eine Möglichkeit, ihre Frustrationen in etwas Positives zu kanalisieren. Schon in jungen Jahren zeigte Marinette eine grenzenlose Leidenschaft für den Fussball. Trotz ihres gewalttätigen und alkoholabhängigen Vaters unterstützte ihre Mutter sie und ermutigte Marinette, im Sport durchzuhalten. Nach und nach erkämpfte sie sich einen Platz in einer gemischten Juniorenfussballmannschaft. Sie konkurrierte und übertraf ihre männlichen Mitspieler auf dem Spielfeld und auf dem Schulhof. Dank ihres Talents und ihrer Schusskraft schaffte sie es im Alter von 18 Jahren in die Frauen- Nationalmannschaft und erzielte im Laufe ihrer Karriere regelmässig entscheidende Tore.
Im Jahr 2005 unterschrieb sie ihren ersten Profivertrag beim amerikanischen Frauenfussballverein Philadelphia Charge, was ihr Leben veränderte und ihr eine beispiellose sportliche Erfahrung bescherte. Der Vertrag bot ihr ein angenehmes Gehalt sowie eine Unterkunft für sie und ihre Mutter, sodass sie dem grauen Familienleben in Frankreich entfliehen und ein neues Kapitel aufschlagen konnten. In einer filmischen Hommage an Sylvester Stallones Film «Rocky Balboa» (2006) stellt die Regisseurin den Höhepunkt des Trainings des Underdog-Boxers auf den Stufen des Philadelphia Museum of Art nach. Doch dieses Mal ist es an der französischen Stürmerin Marinette Pichon, in den USA neue Höhen zu erreichen und durchzustarten.
Der Sport, aber nicht nur.
Neben der Geschichte der Spielerin, die von Garance Marillier hervorragend dargestellt wird, behandelt der Film zahlreiche Themen. Er prangert insbesondere die anhaltenden Ungleichheiten bei der Entwicklung von Sportlern in Frankreich an, wobei er mit Spitzen von prägnantem Humor aufwartet. So wird beispielsweise auf die Diskrepanz zwischen den Trainingszentren für Jungen, die sich in einem Schloss befinden, und denen für Mädchen, die in den Nebengebäuden der Stallungen des Anwesens untergebracht sind, hingewiesen. Auch die Frage der Gehälter wird angesprochen und veranschaulicht, dass Mädchen jeden Cent ihres Gehaltsbudgets abzählen müssen, während Jungen weitaus höhere Honorare erhalten.
Marinette zwingt sich zu körperlicher Disziplin. Um als Sportlerin über sich hinauswächst, entwickelt sie körperliche und geistige Stärke. So kann sie ihre Schwester und ihre Mutter unterstützen, indem sie ihnen hilft, mit der Gewalt durch ihren Vater umzugehen. Damit unterstreicht der Film auch die Bedeutung des Sports als Mittel zur Emanzipation und Unterstützung von Frauen, während er gleichzeitig entscheidende Themen wie Gleichberechtigung und häusliche Gewalt anspricht.
Fazit: Basierend auf Marinette Pichons eindringlicher Autobiografie «Ne jamais rien lâcher» (2018) gelingt es dem Film, das Leben seiner Heldin wahrheitsgetreu darzustellen, indem er die Dramatisierung der Ereignisse vermeidet und ein nuanciertes Porträt liefert. Die Botschaft des Films ist klar: Er beleuchtet die geringe Unterstützung, die Athletinnen erhalten, die zwischen einem Brotjob und dem Training jonglieren müssen. Die Chancengleichheit bleibt auch 2023 ein zentrales Thema. Wie kann man von diesen brillanten Athletinnen erwarten, dass sie ebenso bemerkenswerte sportliche Leistungen erbringen wie ihre männlichen Kollegen, wenn sie nicht vom französischen Fussballverband unterstützt werden, der sie als jene Profis wertschätzt, die sie sind?