April 1974 – Portugal zur Zeit der Nelkenrevolution. Zwei Journalisten vom Schweizer Radio sollen aus Portugal über die Unterstützung der Schweiz berichten. Bob, ein Techniker kurz vor dem Ruhestand, begleitet sie mit seinem unverwüstlichen VW-Bus.
Les grandes ondes
Zum Film
In Portugal – an Ort und Stelle – läuft nichts nach Plan: Vor dem Hintergrund der unvollendeten Kooperationsprojekte, die Salazars Anhängern als Vorwand für kolonialistische Thesen dienen, kommt es zur Zerreissprobe zwischen Julie, der Feministin, und Cauvin, dem durchtriebenen Kriegsreporter. Pelé, der junge portugiesische Dolmetscher, bemüht sich redlich, aber vergeblich: Das kleine Team gibt sich geschlagen. Der Wind der Geschichte treibt den VW-Bus jedoch mitten ins revolutionäre Geschehen. Cauvin wird zum Volkshelden, obwohl er kein Wort Portugiesisch spricht; Julie zur Pasionaria, nur nicht ganz so befreit, wie sie dachte; und Pelé zum motivierten Revolutionär, allerdings mit Nelkenallergie. Bob wiederum will sich in jener schönen Nacht im April ‘74 keinesfalls die sexuelle Freiheit, von der die gesamte europäische Jugend seit Mai ‘68 schwärmt, entgehen lassen. Wenn einem die Demokratie über den Weg läuft, muss man sie beim Schopfe packen, koste es, was es wolle. Selbst wenn man dafür zivilen Ungehorsam, eine schwere Sünde für alle Schweizer, in Kauf nehmen muss.
Stimmen
Vor allem ist «Les Grandes Ondes» eine sehr hübsche Komödie. Sie versammelt ganz verschiedene Bilder der Schweiz in den Farben von 1974. Lionel Baier sprengt aber die Grenzen der Komödie, da gibt es im Westen viel Neues: viel Musik, Tanzeinlagen à la West Side Story, hübsche Wendungen, auch ein bisschen viel Liebe. Stefan Busz, landbote.ch | Ein satirischer Blick auf die Schweizer «Entwicklungshilfe» in Portugal, die sich bald als Projektion helvetischer Selbstüberschätzung entpuppt. […] Originelle Grundidee, passende Darsteller, überzeugende historische Ausstattung. Doch um daraus ein scharfsinniges, sowohl ernsthaftes als auch humoristisches Revolutionsportrait zu machen, fehlt dem Film schlicht die Substanz. outnow.ch | Es ist ein Film über das Gedächtnis, die Identität und die Wurzeln in einer Zeit, die für den Aufbau Europas entscheidend war. Eine intelligente und erheiternde Komödie, wie man sie in der helvetischen Filmlandschaft seit langem nicht mehr gesehen hat. Stefania Summermatter, swissinfo.ch