“Wolke 9” ist ein Film, der einen witzigen, intimen Tabubruch vollzieht: Sex im Alter. Ein Meisterwerk!
Kino | Wolke 9
Synopsis: Inge geht auf die 70 zu, aber fühlt sich wie 17. Sie hat sich verliebt. Karl wird bald 80. Es ist Leidenschaft. Es ist Sex. Dass ihr das noch einmal passiert, hätte sie nicht gedacht. Inge ist mit Werner verheiratet. Seit 30 Jahren. Sie liebt ihren Mann. Er war immer gut zu ihr. Liebe braucht Zeit. Die haben alle drei nicht mehr…
Kritik: “Wolke 9” ist ein radikaler und gleichzeitig sehr einfühlsamer Film. Selten wurde in der Filmgeschichte das Thema Alter und Sexualität so eindringlich und subtil gezeigt. “Wolke 9” ist so gesehen ein Meilenstein. Ein sehr wichtiger und richtiger zugleich. Regisseur Andreas Dresen zeigt alte Menschen mit ihren Gefühlen, Regungen und Wünschen. Nicht wie üblicherweise in Fernsehfilmen als niedliche alte Menschlein. Er greift nicht auf charmante Opas zurück. Er berichtet nicht von Omas die mit einem putzigen Hütchen und einer schönen Goldbrosche am sorgfältig gebügelten Kleidchen noch einmal Händchen halten dürfen. Bei Dresen wird gelebt, nicht nach Klischee und Idealbild sondern mit ganzer Leidenschaft. Zugegebenermassen ist es gewöhnungsbedürftig, den alternden Hauptdarstellern beim Sex zuzusehen. Aber die bedingungslos grandiose schauspielerische Leistung der Haupdarsteller steht über allen Vorbehalten. Ilse verlässt nach dreissig Jahren ihren Ehemann. Die Folgen sind dramatisch, manch einer mag mit dem Filmschluss hadern. Verraten sei dieser nicht. Nur so viel: Es ist nicht dasselbe ob ein junges Mädchen seinen ersten Freund verlässt, oder eine alte Frau ihren langjährigen Ehemann. Die Fallhöhe ist wesentlich höher. Diese war auch für den Film so. Dass Dresen bei diesem schwierigen und heiklen Thema filmisch nicht abgestürzt ist, gleicht einer Meisterleistung. Fazit: Ein Film, der alte Menschen ernst nimmt. Zurecht besuchen gegenwärtig in Deutschland, wo der Film mit grossem Erfolg läuft, die “Best Agers” nach Jahrzehnten wieder einmal ein Kino.
Wolke 9 hatte im Rahmen des 4. Zurich Film Festivals seine Schweizer Premiere