«The Blind Side» zeigt Oscar-Gewinnerin Sandra Bullock als Wohltäterin und Ersatzmami für einen obdachlosen schwarzen Jungen.
Kino | The Blind Side
Synopsis: Es ist eine wahre Geschichte: Der ungewöhnlich groß gewachsene Teenager Michael Oher (Quinton Aaron) ist von seiner Familie verlassen und praktisch obdachlos, als ihn Leigh Anne Tuohy (Sandra Bullock) zufällig auf der Straße sieht – allein in der Kälte, im einzigen T-Shirt, das er besitzt. Sie beschließt, ihn ins Haus der Familie mitzunehmen. Nach anfänglich skeptischen Annäherungsversuchen entwickelt sich aus der spontanen Hilfe echte Zuneigung und Michael wird zu einem Teil der Familie. Doch die sozialen und kulturellen Unterschiede machen es ihm nicht leicht, sich in der völlig fremden Umgebung zurechtzufinden. Nach einigen Problemen in der Schule und im Alltag entwickelt sich Michael schließlich zu einem gefeierten Footballtalent. Stars: Sandra Bullock hat ein Kunststück vollbracht: kurz nacheinander gewann sie erst die Goldene Himbeere für die schlechte Leistung in «Verrückt nach Steve» und anschließend den Oscar für die beste Hauptrolle in «The Blind Side». Ob nun oscarreif oder nicht, die Figur der resoluten, selbstlosen Philantropin ist beeindruckend und glaubwürdig gespielt. Und auch Newcomer Quinton Aaron steht dem in nichts nach. Regie & Crew: Nach «The Rookie» von 2002 hat sich John Lee Hancock erneut an ein Sport-Drama gewagt, das auf einer wahren Geschichte basiert. Diese Art der Heldenverehrung von Einzelnen, die sich aus dem Nichts hoch kämpfen, ist in Europa wohl viel weniger nachvollziehbar als in den USA, wo diese Art des Storywritings inklusive ihrer kulturellen Implikationen eine viel größere Tradition besitzt.
art-tv-Wertung: Man sitzt im Kinosessel und wartet. Wartet darauf, dass nun endlich der grosse Knall kommt, der dramatische Niedergang, auf bittere Tränen und Verzweiflung. Doch es kommt nichts. «The Blind Side» plätschert heimelig vor sich hin, ab und zu mal gibt es ein Wehwehchen oder jemand ist traurig. Dann ist aber sofort Sandra Bullock zur Stelle bzw. Hilfe und tröstet, überzeugt und nimmt die Sache einfach in die Hand. Das ist ja auch wunderbar gespielt; überhaupt verdient die Besetzung viel Lob. «The Blind Side» wäre wohl ein berührendes, wirklichkeitsnahes Drama, wenn die Realität eine solch bonbonfarbene, altruistische und verklärte Welt wäre, wie im Film dargestellt. Doch leider bleibt die Story ziemlich an der Oberfläche, die kleinen auftauchenden Problemchen werden mit lächelnder Siegesgewissheit und einer gehörigen Portion «Yes we can» beiseite geschoben. Dass man in Europa mit dem Football-Glamour und Starpathos nicht viel anfangen kann, ist eine Sache – dass es jedoch in dieser Welt so reibungslos zugeht, wie in dieser wahren Geschichte, mag man dann doch nicht glauben. Es ist – nunja – eben wie im Film. Fazit: Ein etwas rührseliges, aber sehr überzeugend gespieltes Drama, dem es leider an emotionalem Tiefgang und echten Konflikten fehlt.
Maximilian Haase