Zwischen apokalyptischen Visionen, queeren Re-Interpretationen klassischer Stoffe und feministischen Perspektiven auf Macht, Körper und Identität erkundet das NIFFF die transformative Kraft des fantastischen Films. Es verbindet neue internationale Talente mit etablierten Stimmen und zeigt das Genre als Seismograf gesellschaftlicher und ästhetischer Umbrüche.
Fantastisches Kino am Puls der Zeit
- Publiziert am 24. Juni 2025
Mit 127 Filmen aus 42 Ländern feiert das Neuchâtel International Fantastic Film Festival die Vielfalt des fantastischen Films!
Eröffnung, Finale und Programmvielfalt
Eröffnet wird mit dem KI-Thriller DALLOWAY von Yann Gozlan, abgeschlossen mit der koreanischen Superheldenkomödie HI-FIVE – dazwischen entfaltet das Festival seine Vielfalt in klar profilierten Sektionen. «Third Kind» lotet die Ränder des Genres aus und versammelt visionäre Handschriften wie Ari Asters tragikomischen Western EDDINGTON oder Kiyoshi Kurosawas präzisen Thriller CLOUD. «Ultra Movies» feiert das Exzessive – von Hai-Horror wie DANGEROUS ANIMALS bis zu queerer Weltraum-Animation in LESBIAN SPACE PRINCESS. «Amazing Switzerland» und «Classics Reloaded» schlagen die Brücke zwischen lokalem Schaffen, filmhistorischen Entdeckungen und neuen Stimmen wie Simon Jaquemet mit ELECTRIC CHILD. Sonderprogramme wie «Focus Forever Young» oder die «Carte Blanche» für Baghera Jones setzen gesellschaftliche Akzente und laden zur cinephilen Auseinandersetzung ein.
Der Hauptwettbewerb
Im internationalen Wettbewerb konkurrieren 14 Werke um den H.R. Giger «Narcisse» Award – ein Panorama visionärer Erzählformen. Lucile Hadžihalilovic zeigt in LA TOUR DE GLACE eine eisige Metapher mit Marion Cotillard, Bruno Cattet und Hélène Forzani liefern mit REFLET DANS UN DIAMANT MORT eine verspielte, stilistisch überhöhte Bond-Variation. Addison Heimanns TOUCH ME und Julia Ducournaus ALPHA verhandeln körperliche und kollektive Traumata, während THE THING WITH FEATHERS mit Benedict Cumberbatch Trauer und Schuld im gotischen Gewand thematisiert. In MOTHER’S BABY wird Mutterschaft zur paranoiden Erfahrung. Queere Identitäten und feministische Stimmen durchziehen Werke wie THE UGLY STEPSISTER – ein bizarrer Aschenputtel-Remix – oder Julia Kowalskis radikales Manifest QUE MA VOLONTÉ SOIT FAITE. Politisch aufgeladene Visionen liefern A USEFUL GHOST mit Geistern der thailändischen Geschichte sowie die kasachische Fabel SASYQ. Auch stilistisch diverse Beiträge wie das retrofuturistische OBEX oder die ukrainische Weltraumoper U ARE THE UNIVERSE erweitern das Genre um ungewöhnliche Tonlagen und kulturelle Kontexte. Auch HONEY BUNCH von Madeleine Sims-Fewer und Dusty Mancinelli sowie THE HOME von Mattias J. Skoglund fügen dem Wettbewerb intime und düstere Perspektiven hinzu – zwischen häuslicher Gewalt und nordischer Einsamkeit. Der Wettbewerb zeigt ein Kino, das Fantastik nicht als Flucht, sondern als Werkzeug für Reflexion und Widerstand nutzt.