Der Gewinnerfilm des Goldenen Bären der diesjährigen Berlinale brilliert durch pointierte Stellungnahmen zur Kolonialzeit. Diese wirft bekanntlich einen langen Schatten, und reicht bis in unsere Gegenwart hinein. Eine Epoche, die sich in vielen Schätzen materialisiert, die lange in europäischen Museen zu bestaunen waren. Die französische Schauspielerin und Regisseurin Mati Diop beschäftigt sich dokumentarisch, von der Kunst ausgehend, mit einer Zeit voller Ungerechtigkeiten.
DAHOMEY
DAHOMEY | SYNOPSIS
November 2021: 26 Kunstschätze des Königreichs Dahomey verlassen Paris und kehren in ihr Herkunftsland, das heutige Benin, zurück. Zusammen mit Tausenden anderen Gegenständen wurden sie 1892 von französischen Kolonialtruppen geraubt. Doch wie sollen die zurückkehrenden Objekte empfangen werden, in einem Land, das sich während ihrer Abwesenheit stark verändert hat? Unter den Studierenden der Universität von Abomey-Calavi in Benin entflammt eine politische Debatte. (Berlinale)
DAHOMEY | REGIE
Regisseurin Mati Diop wurde am 22. Juni 1982 in Paris geboren. Seit den frühen 2000er-Jahren hat sie ein vielseitiges Werk geschaffen, das auf verschiedenen internationalen Festivals ausgezeichnet wurde. Mit ihrem ersten Spielfilm ATLANTICS (2019), der den Grand Prix der Filmfestspiele von Cannes gewann, gefolgt von DAHOMEY (2024), der mit dem Goldenen Bären der Berlinale ausgezeichnet wurde, hat sie sich als eine der führenden Autorinnen des internationalen Kinos und einer neuen Welle des afrikanischen und diasporischen Kinos etabliert.
Sie wuchs in einer französisch-senegalesischen Familie auf, mit einem Musiker als Vater, Wasis Diop, und einer Fotografin und Kunsthändlerin als Mutter. Sie ist die Nichte von Djibril Diop Mambéty, dem Regisseur des senegalesischen Kultfilms TOUKI BOUKI (1973). Ihr nomadisches, romanhaftes und politisches Kino, das die Grenzen zwischen Genres und Formaten herausfordert, ist eine Erweiterung ihrer gemischten Identität.
DAHOMEY | KURZREZENSION
von Doris Senn
DAHOMEY von Mati Diop (ATLANTIQUE, 2019) thematisiert die Rückführung kolonialer Beutestücke nach Benin, ehemals Dahomey. Diop erweckt dazu in ihrem Fantasy-Dokfilm eine der Statuen, die Löwenstatue des Königs Gezo, zum Leben und lässt sie mit schnarrender Stimme aus dem Off die eigene Rückkehr kommentieren. Formal eher einem TV-Feature ähnlich und selbst in einem bescheidenen Berlinale-Wettbewerb nicht wirklich die Sollhöhe erreichend, brilliert der Film durch eine angeregte Diskussion unter beninischen Studierenden, die mit pointierten Stellungnahmen nicht nur die geringe Zahl der erhaltenen Sakralwerke kritisieren (26 von über 7000!), sondern auch die Instrumentalisierung der Aktion durch die involvierten Länder und ihre politischen Machthaber.