Drei Filme haben die beiden besonders überzeugt: George Miller mit seinem wahnsinnigen Streifen FURIOSA: A MAD MAX SAGA, Quentin Dupieux mit seinem labyrinthischen Werk DEUXIÈME ACTE und Ron Howard mit einer überwältigenden Hommage an Jim Henson.
77. Filmfestspiele Cannes: Die Top 3 der Redaktion
- Publiziert am 27. Mai 2024
FURIOSA: A MAD MAX SAGA (Georges Miller, 2024)
Nach dem Schocker FURY ROAD im Jahr 2015, der die «Mad Max»-Saga wiederbelebt hatte, und obwohl Georges Miller schnell ein Prequel zu FURIOSA angekündigt hatte, waren die Fans skeptisch. Wird es dem Regisseur gelingen, seine gute Leistung von früher zu wiederholen? Das tut er! Georges Miller schafft mit seinen 79 Jahren das Undenkbare, noch verrückter, moderner, visuell aufregender und erzählerisch einfallsreicher zu sein als in seinen früheren Filmen. FURIOSA bietet mehrere Szenen, die sowohl ästhetisch als auch filmisch zu den markantesten des Actionkinos der letzten 15 Jahre gehören. Die Einstellungen sind bedeutungsvoll, die Kamera und der Erzählrahmen sind sorgfältig, die visuelle Note und das Universum scheinen sich mit jeder Minute weiterzuentwickeln, und das Publikum ist überwältigt. Dass es Georges Miller gelingt, bei einem Festival, das für viele Filmemacher seiner Generation ein Schwanengesang ist, die Grenzen noch weiter zu verschieben, lässt ihn in den Pantheon der Künstler seiner Zeit und der nachfolgenden aufsteigen.
LE DEUXIÈME ACTE (Quentin Dupieux, 2024)
Quentin Dupieux, der sich mit seinem dritten (!) Film in weniger als einem Jahr bemerkbar macht, eröffnete die 77. Filmfestspiele von Cannes. Der ausserhalb des Wettbewerbs gezeigte Film LE DEUXIÈME ACTE begeisterte das Publikum einmal mehr mit seinem verschachtelten Erzählansatz, der auf einem Film im Film und ätzendem Humor basiert.
Was passiert, wenn Schauspieler:innen einen Film spielen sollen, dieser Film aber selbst ein Film ist? LE DEUXIÈME ACTE versucht, diese absurden Fragen zu beantworten, indem er vier Figuren (oder Doppelgänger der Darsteller:innen?) vorstellt, die eine Szene drehen müssen. Während die Statisten in Panik geraten und die Gemüter sich erhitzen, bekommt das gesamte französische Kino sein Fett weg. Dupieux liefert mit LE DEUXIÈME ACTE erneut ein Schmuddelkino, das sowohl Zähnefletschen als auch Lachen hervorrufen will, bis hin zu einer langen Schlusseinstellung, die daran erinnert, dass das alles doch nur Kino ist.
JIM HENSON IDEA MAN (Ron Howard, 2024)
Man kennt Ron Howard für APOLLO 13 (1995), UN HOMME D’EXCEPTION (2001), die Trilogie des DA VINCI CODE (2006, 2009, 2016) oder auch RUSCH (2013), aber man erwartet von ihm weniger einen Dokumentarfilm. Obwohl er 2016 mit THE BEATLES: EIGHT DAYS A WEEK brillierte, erhielt er drei Jahre später mit seinem PAVAROTTI (2019) eher gemischte Kritiken. Es ist für uns anfänglich schwierig zu beurteilen, ob sein neues Biopic, das im Rahmen der Cannes Classics gezeigt wurde, beim Publikum ankommt, bevor wir im Kinosaal nach gerührten Blicken Ausschau halten und feststellen, dass wir nicht die Einzigen sind, die seine leidenschaftliche Hommage an Jim Henson, den berühmtesten aller Puppenspieler und Schöpfer der Muppet Show, echt lieben. Im Kinosaal, im dem drei Tage zuvor Faye Dunaway mit einem alles in allem klassischen und langweiligen Dokumentarfilm gefeiert wurde, erhält Ron Howard eine Standing Ovation, die seinem meisterhaften Werk gerecht wird. Sein Film ist eine wohlwollende und bewegende Vision, dokumentiert genau und besticht durch eine kreative Note, die genauso kreativ ist wie der Mann, den er den Zuschauer:innen bekannter machen will: Jim Henson, der «Schöpfer der tausend Ideen». Man verschlingt seine Beziehung zum Leben, zur Zeit und zur Menschheit; man begehrt seinen Eifer, seine Träume zu verwirklichen; man wird von einem unbändigen Verlangen gepackt, das Spektakel, das man gerade verlassen hat, auf den Strassen fortzusetzen, mit Fantasie als Speerspitze und Kreativität, um die Welt zu verändern.