Mit einem starken Plädoyer für gesellschaftliche Reflexion eröffnete «Die Krume Brot» – das sozialkritische Stück nach Lukas Bärfuss – die diesjährige SÉLECTION im Theater Casino Zug. Die ausgewählte Produktion des Theater Basel markierte den Auftakt der Zentralschweizer Ausgabe des Schweizer Theatertreffens und lenkte den Fokus auf das Motto des Begleitprogramms «Kunst + Widerstand».
Was kann Kunst dem aktuellen Weltgeschehen entgegensetzen?
Das Schweizer Theatertreffen präsentierte nicht nur ausgewählte Schweizer Theaterproduktionen, sondern lud auch zu einer lebhaften Diskussion ein.
Die Krume Brot
Emma gehört zu den Privilegierten. Sie ist erfolgreich, hat einen netten Partner, mit dem sie das Leben der Reichen und Schönen lebt – double income, no children. Sie wohnen in der Schweiz, genauer in Zürich, «dieser Herzkammer des Kapitalismus». Warum also sollte sich Emma ihrer Vergangenheit stellen, sich fragen, weshalb sie bei Adoptiveltern aufgewachsen ist, und warum ihre Mutter sie aufgegeben hat und dann für immer verschwunden ist. Aber sie hat Alpträume: Ungelöstes, Unverarbeitetes, Verdrängtes scheint in ihr zu rumoren. Und so gibt sie, zuerst nur widerwillig, den Stimmen nach, die sie drängen, sich auf eine Spurensuche zu begeben. Zurück in ihre Kindheit und darüber hinaus. Mitsamt seiner Protagonistin Emma, dargestellt von der wunderbar wandelbaren Gina Haller, versinkt das Stück, versinken wir in eine andere Zeit – eine deutlich härtere, kältere, ärmere. Wir tauchen ab in eine Schweiz, die wir – genau wie Emma – gern vergessen und verdrängen würden, weil sie abweisend, patriarchal, bünzlig, selbstgefällig und fremdenfeindlich ist. Und wir ahnen, dass, das, was uns da begegnet, gar nicht in erster Linie Vergangenheit ist, sondern einfach nur die Kehrseite des Wohlstands. Das, was darunterliegt unter dem freundlichen, glänzenden Erscheinungsbild.
Podium: Reichtum und Verantwortung
Sich in der Welt zu verorten und zu positionieren, ist gerade nicht leicht. Festhalten oder stehenbleiben, im Sinne von standhaft sein, scheint wenig sinnvoll, wenn politische und wirtschaftliche Ordnungen sich über Nacht verschieben. Doch wie bleiben wir weich in der Hüfte, ohne zynisch oder fatalistisch zu werden, ohne unsere Werte aufzugeben? Wie können wir Verantwortung übernehmen für unsere Gegenwart? Am zentralen Zuger Podium nehmen sich die Organisator:innen vor, diesen Moment der Überforderung als Chance zu begreifen, neu zu denken. Anstatt in alte Gewissheiten oder politische Lager zu flüchten, die sowieso schon seit Längerem reparaturbedürftig sind, wollen sie sich darüber unterhalten, was gute, produktive und neue Denkansätze sein könnten, um eine demokratische Zukunft resilient zu gestalten. In seiner Keynote, welche die Basis für die Podiumsdiskussion legt, spricht Lukas Bärfuss über Geld, Migration, schweizerische Zwangsarbeiterinnen und Obdachlosigkeit.
(Textgrundlage: Schweizer Theatertreffen)