Der Thunersee, eingebettet in die herrliche Landschaft des Berner Oberlands mit Eiger, Mönch und Jungfrau am Horizont, bilden das Panorama für das wunderbare Musical der Sherman Brothers, in das die Besucher:innen bedingungslos eintauchen können. Ein Musical-Besuch vom Feinsten!
Vom berühmtesten Kindermädchen der Welt verzaubert!
- Publiziert am 15. Juli 2024
Seit 21 Jahren präsentieren die Thunerseespiele jeden Sommer Musicals aus aller Welt und Eigenproduktionen. Bis heute reisten über 1’000’000 Besucher:innen an den Thunersee, um am Fusse der UNESCO-geschützten Bergwelt von Eiger, Mönch und Jungfrau faszinierende Spektakel zu geniessen. Zusammen mit der schönsten Seebühne Europas bietet die Gastronomie der Thunerseespiele ein Gesamterlebnis.
arttv Eventbesprechung von Alain Ziehbrunner
Die Handlung der Thuner Inszenierung überrascht, weicht sie doch vom weltberühmten Film mit Julie Andrews und Dick Van Dick aus dem Jahre 1964 ab. In Thun vermischen sich Elemente aus der Kinderbuchreihe von P.L. Travers mit solchen aus der Verfilmung. Somit wird das Publikum eingeladen Mary Poppins neu kennenzulernen ohne auf liebgewonnene Melodien verzichten zu müssen.
Hoffnung, Freude, Mut und den Glauben
Das Stück vereint mehrere, an und für sich schwere Themen: Haben wir doch zunächst einen despotischen, aber im Grunde genommen traumatisierten Vater, eine kleingehaltene Mutter, die einst von der grossen Karriere als Schauspielerin träumte und zwei Kinder, die mit ihrem Ungehorsam auf die Missstände in der dysfunktionalen Familie aufmerksam machen. Würde Mary Poppins nicht auftauchen, wären wir mitten in einem modernen Drama. Sie jedoch bringt Hoffnung, Freude, Mut und den Glauben an Wunder in die Familie. Ihre kindliche Sichtweise der Welt – durch die Augen einer Erwachsenen – ebnet den Weg für eine gemeinsame Zukunft der Familie Banks.
Schon vor Beginn der Aufführung wird man von einem farbenfrohen, abstrakt geformten Bühnenbild mit realistischen Elementen des Designers Andrew D. Edwards eingenommen, das äusserst kreativ verschiedene Schauplätze ineinanderfliessen lässt, auf verschiedenen Ebenen den Protagonisten Platz für ihr Schaffen bietet und mit der Gestaltung die Betrachter in eine märchenhafte Welt eintauchen lässt. Unweigerlich steigt die Vorfreude!
Überzeugende Hauptdarsteller:innen
Christopher Bolan, als Bert, entführt die Zuschauenden mit Charme und Witz in die Welt von Mary Poppins. Er verkörpert herzerwärmend, mit einer wunderbar natürlichen Stimme, diesen Tausendsassa und führt durch das ganze Stücks. Alexandra-Yoana Alexandrova, die die Titelrolle innehat, überzeugt gesanglich mit einer glasklaren Stimme. Ihre Rolle ist anspruchsvoll vielschichtig, was sie mit einer schauspielerischen Leichtigkeit auf die Bühne zaubert. Johanna Zett mimt Winifred Bank, die sich vom Hausmütterchen zur willensstarken Frau wandelt. So wie ihre Figur, ist die Schauspielerin facettenreich und überrascht mit ihrem komödiantischen Talent. Ihr Gatte, gespielt von Patrik Imhof, durchläuft ebenfalls eine grosse Wandlung während des Stücks. Diese Herausforderung meistert der Schweizer Schauspieler glaubhaft und wird vor den Augen des Publikums vom pedantisch-steifen Ekelpaket zum liebevollen, ein wenig linkischen Vater und Gatten.
Ein grosses Bravo den Kindern
Die anderen grösseren und kleineren Rollen sind ebenfalls bestens besetzt! Das internationale Ensemble brilliert mit begeisternder Bühnenpräsenz, tänzerisch und gesanglich. Es überzeugt in komödiantischen Szenen ebenso, wie in verträumt-romantischen oder temporeichen Momenten. Last but not least haben die Kinder-Darsteller:innen ein grosses «Bravo» verdient! Sie sind zentral und darum auch viel auf der Bühne. Sie müssen alle Genres des Musicals abdecken. Ihr Kindercoachin, Martina Lory, hat ihre Schützlinge, in Zusammenarbeit mit Lesley Zellweger, auf ein beachtliches Niveau gebracht. Aufgrund der Kinderschutz-Gesetze sind die Kinder-rollen vierfach besetzt.
Was wäre ein Musical ohne Tanz und Kostüme? Beides besticht durch viele kleine Details und Ideenreichtum der Verantwortlichen. Nicht vergessen darf man all die Männer und Frauen im Hintergrund, ohne die Mary Poppins nicht das herzerfrischende Gesamterlebnis wird: Das Orchester unter der Leitung von Iwan Wassilevski, das Techniker-Team sowie all die Helfer:innen hinter der Bühne und im Zuschauerbereich.
Fazit: Ein Musical-Besuch vom Feinsten, der Lust auf mehr macht und bereits die Vorfreude auf die Produktion des kommenden Jahres weckt: «Der Glöckner von Notre Dame».