Nach Augustinus gibt es weder Zukunft noch Vergangenheit, noch Gegenwart, denn das Zukünftige ist noch nicht, das Vergangene ist nicht mehr, und die Gegenwart ist eine blosse Grenze zwischen Zukunft und Vergangenheit: Sobald wir sie denken ist sie bereits vorbei. Widerspricht dies nicht unserer dringlichsten Sehnsucht: die Zeit anhalten zu wollen, nur gegenwärtig sein zu wollen? Das neue Stück des Theater Orchester Biel Solothurn lässt die Akteure den Zuschauern ins Ohr flüstern.
Theater Orchester Biel Solothurn | Verweile doch, du bist so schön
«Wer aber kann vergangene Zeiten messen, die nicht mehr sind oder als zukünftige noch nicht sind?» Das TOBS sucht die verlorene Zeit.
Gefrorene Momente
Die Beschleunigungsdynamik im Zeitalter der Digitalisierung lässt den Moment per Klick einfrieren – dennoch lässt uns das digitale Bild nicht im Augenblick verweilen; gleichzeitig Erfahrender und Betrachter eines Ereignisses zu sein, ist nicht möglich. Vielleicht liegt die Schönheit des Augenblicks auch gerade in seiner Flüchtigkeit.
Inszeniertes verweilen
Paul Virilio, Autor des Buches «Rasender Stillstand», beschreibt es mit den Worten: «Aus dem Zug- oder Autofenster kann man eine Landschaft an sich vorüberziehen sehen, und man kann die Kinoleinwand oder den Monitor so betrachten, als schaute man aus dem Fenster, solange Zug und Flugzeug nicht ihrerseits Kinos geworden sind … Eisenbahn, Auto, Jet, Flugzeug, Telefon, Fernsehen … durch die Prothesen des Reisens verläuft unser ganzes Leben im Zeitraffer, doch wir merken es gar nicht mehr …»
Wir reisen zu schnell
In einer Kolumne beschreibt Peter Bichsel den Versuch die Zeit nachkommen zu lassen: «Es gibt die Geschichte vom Kalifen, der mit seinen Leuten durch die Wüste reitet und plötzlich vom Kamel steigt, sich auf den Boden setzt und sagt: ‹Wir müssen hier lange warten, wir sind zu schnell geritten, unsere Seelen sind nicht so schnell, und wir müssen hier bleiben, bis sie uns wieder eingeholt haben.›»
Die vierte Dimension
Nach dem Peter Bichsel-Abend «Mit wem soll ich jetzt schweigen?» und «Die Wärme sollte kälter und die Kälte wärmer sein» anhand des Räuber-Romans von Robert Walser, nehmen sich Deborah Epstein und Florian Barth eines neuen Themas an: die Zeit.