Theater Marie | Neue Leitung
- Publiziert am 22. März 2021
Andrea Brunner, Manuel Bürgin, Martina Clavadetscher, Julia Haenni und Maria Ursprung prägen die Geschicke des Theater Marie ab der Spielzeit 2022/23
Eine fünfköpfige Findungskommission hat nach mehreren Gesprächsrunden eine eindeutige Empfehlung an den Vorstand des Trägervereins gerichtet, der dieser einstimmig gefolgt ist. Das mehrheitlich weibliche Team vermochte zu überzeugen mit seinem starken Spielplanentwurf, seinem klaren Bekenntnis zur partizipativen Zusammenarbeit und seiner breiten Vernetzung in der Aargauer, Schweizer und deutschsprachigen Theaterlandschaft.
KURZBIOGRAFIEN
ANDREA BRUNNER
Musikstudium an der Hochschule für Musik und Theater Zürich, anschliessend Nachdiplomstudium in angewandter Theaterpädagogik TILL/Hochschule für Musik und Theater Zürich. Seit 2003 ist Andrea Brunner freischaffende Bühnenmusikerin und Musikpädagogin. Seit 2005 arbeitet sie als Theater- pädagogin und Produktionsleiterin und wirkt in verschiedenen Musik-, Kunst- und Theaterproduk- tionen mit, u. a. für KMUProduktionen, Mats Staub, LAB Junges Theater Zürich, Fabriktheater Rote Fabrik Zürich, Theater Stadelhofen Zürich, Schlachthaus Theater Bern, Stadttheater Luzern, Südpol Luzern und Theater Tuchlaube Aarau. Als Produktionsleiterin arbeitete sie für die Biennale Bern, das Musikfestival Bern, seit 2011 bis 2015 für FAX AN MAX, von 2012 bis 2014 für AUAWIRLEBEN Bern und seit 2015 am Theater Winkelwiese Zürich.
Andrea Brunner leitet diverse Vermittlungsprojekte für Kinder und Jugendliche u.a. die Kinderkonzert- reihe «abendsfrüh» in Zusammenarbeit mit den Gemeinschaftszentren Zürich und Workshops für schule&kultur – Kulturangebote für Schulen im Kanton Zürich.
MANUEL BÜRGIN
Ausbildung zum Schauspieler an der ZHdK von 1997 bis 2000. Anschliessend Engagement am Schauspielhaus Bochum. Arbeiten mit Regisseur*innen wie Karin Henkel, Niklaus Helbling, Jürgen Gosch. Ab 2006 freier Schauspieler und Regisseur am Nationaltheater Mannheim, Théâtre Vidy Lausanne, Theater Kanton Zürich und am Theater Basel. 2008 gründet er zusammen mit Kathrine von Hellermann und Sandro Corbat das Kollektiv FAX AN MAX, mit der zahlreiche Produktionen entstehen, u.a. «Kim Jong Il – Der ewige Sohn» und «Fortschritt» nach Motiven von L.F. Céline. Seit 2015 leitet er in Zusammenarbeit mit Andrea Brunner das Theater Winkelwiese. Hier inszenierte er v.a. zeitgenössische Texte wie «La Chemise Lacoste» von Anne Lepper, «Perplex» von Marius von Mayenburg oder dokumentarische Arbeiten wie «Vaters Aktentasche». Am Theater St. Gallen war zuletzt in seiner Regie die Schweizer Erstaufführung von «sterben helfen» von Konstantin Küspert zu sehen. Seit 2015 leitet er zusammen mit Ann-Marie Arioli und Andreas Sauter die Schreibwerkstatt «Dramenprozessor».
MARTINA CLAVADETSCHER
Studierte Germanistik, Linguistik und Philosophie. Seit 2009 arbeitet sie als Autorin und Dramatikerin. Ihr Prosadebüt Sammler erschien 2014. Für die Spielzeit 2013/2014 war sie Hausautorin am Luzerner Theater. Mit ihrem Theaterstück «Umständliche Rettung» gewann sie 2016 den Essener Autorenpreis und war im selben Jahr für den Heidelberger Stückemarkt nominiert. Für ihren Roman «Knochenlieder» erhielt sie 2016 den Preis der Marianne und Curt Dienemann-Stiftung und wurde 2017 für den Schweizer Buchpreis nominiert. Im Jahr 2018 las sie am Ingeborg Bachmann-Preis in Klagenfurt. Ihr Stück «Frau Ada denkt Unerhörtes» wurde im September 2019 am Schauspiel Leipzig uraufgeführt und sowohl zum Heidelberger Stückemarkt als auch an die Autorentheatertage Berlin 2020 eingeladen.
JULIA HAENNI
Studium der Theaterregie an der Zürcher Hochschule der Künste sowie der Theaterwissenschaft und Germanistik an den Universitäten Bern und Berlin. Seit 2011 arbeitet sie als freie Regisseurin, Performerin und Autorin, mit Laien und Profis, Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern, für die freie Szene und für Institutionen im In- und Ausland (u.a. Schauburg München, Orchester Theater Heidelberg, Schlachthaus Theater Bern, Kosmos Theater Wien, Théatre Poche Genf, Winkelwiese Zürich, Bühne Aarau, Konzert Theater Bern). 2016/17 war sie Stipendiatin des DRAMENPROZESSOR, wo ihr Stück «frau im wald» entstand, welches in der Inszenierung des Theater Marie zum Heidelberger Stückemarkt und zum Drama Fest in Mexiko City eingeladen wurde. In der Spielzeit 2018/19 war sie Hausautorin am Konzert Theater Bern, wo sie ihr Stück «frau verschwindet (versionen)» schrieb, das 2020 mit dem Berner Literaturpreis ausgezeichnet wurde. Mit «kiosktexte» ist 2020 eine erste Sammlung diverser Auftrags- und spoken word-Texte erschienen. Seit 2019 leitet sie die Junge Marie.
MARIA URSPRUNG
Studium der Theaterwissenschaft und Germanistik an der Universität Bern und der FU Berlin, später Literarisches Schreiben am Schweizerischen Literaturinstitut. 2008/2009 Dramaturgieassistentin am Theater Basel, 2009 bis 2012 Regieassistentin am Thalia Theater Hamburg. Inszenierungen u.a. am Thalia Theater Hamburg, Staatstheater Darmstadt, Theaterhaus Jena, Konzerttheater Bern und in der freien Szene Schweiz und Deutschland. Nebst Schauspiel inszeniert sie szenische Konzerte mit Orchester oder Musikerensembles, beispielsweise am Lucerne Festival, im Radialsystem Berlin oder auf Kampnagel Hamburg. Sie schreibt Theaterstücke, Hörspiele und Kurzprosa: Ihr Stück «Schleifpunkt», entstanden in der Werkstatt für Szenisches Schreiben DRAMENPROZESSOR 18/19, wurde zu den Autorentheatertagen 2020 vom Deutschen Theater Berlin eingeladen und vom Schauspielhaus Graz uraufgeführt. Dasselbe Stück wird ab April 2021 in Kooperation von Theater Marie, Theater St. Gallen, Theater Winkelwiese und Theater Tuchlaube als Online-Produktion realisiert. In der Spielzeit 20/21 ist sie Hausautorin am Theater St. Gallen im Rahmen des Stück Labor Basel.
Beeindruckenden Erfahrungshintergrund
Theater Marie ist das, wovon Theaterschaffende in der Schweiz, aber auch in ganz Europa träumen: ein Produktionszentrum mit stabiler Finanzierung und grosser künstlerischer Freiheit. Entsprechend qualitativ hochstehend waren die eingegangenen Bewerbungen nach der Ausschreibung der Leitungsposition im letzten Jahr. Eine Findungskommission unter der Leitung des Co-Präsidiums von Sophie Witt und Dieter Sinniger hat nach mehreren Gesprächsrunden eine eindeutige Empfehlung an den Vorstand gerichtet. Die fünf Theaterschaffenden vereinen einen beeindruckenden Erfahrungshintergrund als Autorinnen, Regieführende, Theaterleiter*innen und Performer*innen. Mit Clavadetscher, Haenni und Ursprung sind gleich drei Autorinnen im Kernteam vertreten, die in unterschiedlicher Ausrichtung für packende zeitgenössische Dramatik stehen. Brunner und Bürgin sind seit 2015 am Theater Winkelwiese Zürich als Produktionsleiterin und Theaterleiter engagiert und verfügen damit über die notwendigen Leitungskompetenzen. Regiepositionen können intern abgedeckt werden durch Bürgin, Haenni und Ursprung.
Kollektive Prozesse
Das designierte Leitungsteam verspricht einen wachen heutigen Zugriff auf gesellschaftliche Inhalte, die in zeitgenössischem Autor*innentheater ebenso wie in partizipativen Recherche- und Vermittlungsformaten ihren Ausdruck finden werden. Eine divers aufgestellte Programmgruppe soll in kollektiven Prozessen den Spielplan inhaltlich bestimmen. Dabei betritt das neue Leitungsteam keine unbespielte Wiese. Viele Bezüge zur heutigen Arbeit des Theater Marie um Olivier Keller und Patric Bachmann werden für Kontinuität sorgen. Julia Haenni ist seit 2019 Co-Leiterin der Jungen Marie und hat in dieser Funktion das Projekt «GoTell» inszeniert; ihr Stück «frau im wald» wurde 2017 durch das Theater Marie uraufgeführt. Maria Ursprungs Stück «Schleifpunkt» wird gerade aktuell in einer Koproduktion des Theater Marie mit dem Theater St. Gallen coronabedingt digital zur Aufführung gebracht. Und nicht zuletzt: Theater Marie kooperiert seit einigen Jahren erfolgreich mit dem «Dramenprozessor», der Werkstatt für szenisches Schreiben, die im Theater Winkelwiese angesiedelt ist und von Manuel Bürgin co-geleitet wird. Das aktuelle Team um Olivier Keller und Patric Bachmann wird bis im Sommer 2022 mit zwei Produktionen für einen fulminanten Schlusspunkt sorgen. Die designierte Leitung wird mit Beginn der Spielzeit 2022/23 den Stab übernehmen, um die einzigartige Geschichte des Gefässes Theater Marie zwischen regionaler Verankerung und überregionaler Ausstrahlung erfolgreich weiterzuschreiben.