Sebastian Nübling führt Regie bei der Schweizer Erstaufführung von Sibylle Bergs neuem Stück VIEL GUT ESSEN. Nübling und Berg haben bereits früher erfolgreich zusammengearbeitet: ES SAGT MIR NICHTS, DAS SOGENANNTE DRAUSSEN wurde von der Zeitschrift Theater Heute zum Stück des Jahres 2014 gewählt.
Schauspielhaus Zürich | Viel gut essen
- Publiziert am 13. Februar 2016
arttv Wertung
Sibylle Berg hat mit VIEL GUT ESSEN nicht nur einen wunderbar sarkastischen, sondern auch sehr klugen Text zur Befindlichkeit des heutigen Mannes – zumal für denTypus des permanenten Versagers – geschaffen. Das Stück ist nicht für die Ewigkeit konzipiert – dafür ist es zu wenig universell – aber es regt scharfsinnig und auf heitere Art und Weise dazu an, über das Rollenverständnis des heutigen Mannes in der westlichen Welt zu diskutieren. Genial ist die Inszenierung von Sebastian Nübling. Seine Idee, die Männerrollen von Frauen in Männerkleidern zu besetzen, verschafft dem Stück eine zusätzliche Dimension, macht es noch grotesker als es ohnehin schon ist, und bietet viel Amusement. Fazit: Absolut sehenswert!
Zum Stück VIEL GUT ESSEN
Migration, Homo-Ehe, Biogemüse, Feminismus, Gentrifizierung von Wohnvierteln, Eurokrise – die Herausforderungen sind enorm, ebenso die Reizthemen, die nicht nur Internetforen und Stammtische zum Erbeben bringen. Er ist Social-Media-Experte, liebt Biomärkte und erinnert sich gern an seine Jugend, aber wenn er etwas zum Thema Liebe sagen soll, bekommt er Herzrasen. Weiss, heterosexuell, gutbürgerlich und gesund hat er nicht nur beruflich, sondern auch privat alles richtig gemacht und muss nun doch erkennen, dass er nicht auf der Gewinnerseite des Lebens steht. Sibylle Berg lässt ihn sich in Rage reden, über den Zustand unserer Gesellschaft philosophieren, klagen, sich empören und dabei – «Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!» – zunehmend ungemütlich werden. In ihrem humorvollen und pointierten Stück für «einen Mann oder viele» porträtiert sie eine Generation, die nicht mehr weiss, ob sie um oder gegen Verbindlichkeit kämpft und zwischen kapitalistischer Zwangsindividualisierung und der Pflicht zum Glücklichsein auf der Strecke bleibt.
Zum Regisseur Sebastian Nübling
1960 in Lörrach geboren, studierte Nübling Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis in Hildesheim. Vor seiner Regielaufbahn war er Schauspieler und Musiker und lehrte als Dozent am theaterwissenschaftlichen Institut der Universität Hildesheim. In den letzten Jahren inszenierte er vorrangig am Theater Basel, an der Berliner Schaubühne, am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, bei den Salzburger Festspielen und an den Münchner Kammerspielen. Am Schauspielhaus Zürich waren von Sebastian Nübling zuletzt u.a. MATTO REGIERT nach Friedrich Glauser und William Shakespeares WIE ES EUCH GEFÄLLT zu sehen. Seine Inszenierungen, meist in Zusammenarbeit mit der Bühnenbildnerin Muriel Gerstner und dem Musiker Lars Wittershagen entstanden, wurden mehrfach mit Preisen ausgezeichnet und zum Berliner Theatertreffen eingeladen.