Von ihren Affekten, Sehnsüchten und unfreiwillig komischen Neurosen besessen, existieren diese «Kinder der Sonne» wie auf einem fernen Stern. Eine sehr aktuelle, bedrückende und gesellschaftskritische Inszenierung.
Schauspielhaus Zürich | Kinder der Sonne
Einsam und besessen
1892. Der Biochemiker Protassow hat für seine Forschungen sämtliche Ersparnisse aufgebraucht, sein Ziel ist die Erschaffung eines glücklichen und edlen Menschen. Seine Frau Jelena fühlt sich vernachlässigt und wird vom Künstler Wagin umworben. Protassows traumatisierte Schwester Lisa leidet unter Panikattacken und Lebensängsten. Wiederkehrender Gast ist die wohlhabende Witwe Melanija, die Protassow bis zur Selbsterniedrigung anbetet, während der Tierarzt Tschepurnoj Lisa anhimmelt. Das alte Kindermädchen der Familie, Antonowna, lebt noch ganz in der feudalen Vergangenheit. Schliesslich der Hausmeister Jegor, der seine Frau verprügelt, exzessiv trinkt und zu Gewaltausbrüchen neigt. Sie alle leben abgeschottet von der gesellschaftlichen Realität der arbeitenden Klasse wie in einer längst vergangenen Zeit, in der jeder Gedanke an eine bessere Welt, an ein sinnerfülltes Leben zum Hirngespinst verkommen ist.
Der Autor
Maxim Gorki (1868–1936) beschreibt in «Kinder der Sonne» die Unfähigkeit und Passivität einer selbsternannten Intelligenzija. Er schrieb das Stück 1905 im Angesicht der ersten Russischen Revolution in der Peter-Paul-Festung, in der er wegen seiner Teilnahme an Protesten gegen die Militäraktion des Petersburger Blutsonntags inhaftiert war. Gorki rückt in seinen Bühnenstücken stets den Niedergang der russischen Gesellschaft in den Jahren vor und nach der Revolution von 1905 ins Zentrum. Als politisch Verdächtiger sah sich Gorki gezwungen seine Heimat zu verlassen, er kehrte erst 1928 zurück, nunmehr als Leitfigur der neuen sozialistischen Kulturdoktrin gefeiert.