Koloraturwunder Edita Gruberova zählt zweifellos zu den grossen Sängerinnen unserer Zeit und ist nicht ohne Grund gefeierte «Primadonna assoluta». Dank ihr wird Bellinis selten gespielte Oper «La straniera» zum Triumph.
Opernhaus Zürich I La Straniera
Kritik
Bellini zeigte in der STRANIERA neben seiner Kunst der elegischen Melodieführung durchaus auch in die Zukunft weisende Ansätze seines Schaffens. Oft werden Melodiebögen nur angetippt, abrupt abgebrochen und später wieder, quasi als Erinnerungsmotiv aufgenommen. Fabio Luisi am Pult der Philharmonia Zürich versucht nie diese fragmentarische Kleingliedrigkeit zuzudecken, sondern lässt Bellinis beinahe spartanische Orchestrierung mit überaus grosser Exaktheit und Sorgfalt ausmusiziert erklingen. … Regisseur Christoph Loy liess sich von der Bühnenbildnerin Annette Kurz einen imaginären Theatersaal in einer neoklassizistischen Privatresidenz auf die Bühne bauen, welcher von Franck Evin stimmungsvoll ausgeleuchtet wurde. Ursula Renzenbrink steckte die Personen in Kostüme aus der Zeit von 1850, der Entstehungszeit von Wagners sehrendem Liebesdrama TRISTAN UND ISOLDE. … Trotz relativ statischer Personenführung und des Verzichts auf durchaus mögliche, effektvolle coup de théâtre Auftritte gelingt es Loy, einen packenden Psychothriller auf die Bühne des Opernhauses zu stellen, die krude Handlung intelligent für sein Spiel zu nutzen. Mit diesem Ansatz gelang es ihm, eine spannungsgeladene Atmosphäre zu schaffen. … Edita Gruberova hat mit der Partie der Alaide (la straniera), in der sie sich nun in Zürich erstmals szenisch vorstellt, eine weitere Belcantopartie in ihr Repertoire aufgenommen. Ihr erster Auftritt erfolgt offstage mit einem himmlisch zart intonierten a capella Beginn der Romanze Ah….sventurato il cor. „Wie schön sie singt“ kommentiert Arturo auf der Bühne – und tatsächlich, dieser Beginn ist der Künstlerin wunderbar gelungen. … Und plötzlich blitzt wieder ein zauberhaftes messa di voce auf, crescendiert ein piano wunderbar gleitend ins fortissimo, endet eine Phrase mit einem Gänsehaut erregenden Gefühlsausbruch. Sie versteht es die Stimme immer wieder neu zu schattieren, Klänge zwischen lodernder Glut und Eiseskälte hin und her fliessen zu lassen – auch stimmlich eine grosse, faszinierende Tragödin eben. In der Schlussarie singt sie È l’ estremo favilla d’ un foco (Es ist das letzte Aufglimmen eines Feuers) – und man mag doch irgendwie gar nicht daran denken wollen, dass diese Zeile irgendwann einmal auch auf die unglaubliche Karriere von Edita Gruberova zutreffen wird.
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Melodien wie niemals zuvor
Die Oper «La straniera» von Vincenzo Bellini mit einem Libretto von Felice Romani dreht sich um eine geheimnisumwitterte Fremde, die tief verschleiert durch das Land zieht. Die Bewohner der Umgebung fürchten sie und glauben, dass sie vom Teufel besessen ist. Magische Anziehungskraft übt sie hingegen auf den Grafen Arturo aus, der unmittelbar vor der Hochzeit mit Isoletta steht. Er ahnt nicht, dass es sich bei der Fremden um die verbannte Frau des Königs von Frankreich handelt.
«La straniera» markiert die Abkehr von rossinischer Üppigkeit hin zur reinen und ausdrucksvollen Melodie, wie sie Verdi an Bellini rühmte: «Hier gibt es lange, lange, lange Melodien, wie sie niemand zuvor geschrieben hat».
Edita Gruberova
In der Zürcher Neuproduktion der Straniera steht mit Edita Gruberova die Primadonna assoluta des Belcanto schlechthin auf der Bühne. Als Alaide gibt sie ihr szenisches Debüt am Opernhaus Zürich und setzt nach Produktionen von «Lucrezia Borgia» und «Roberto Devereux» an der Bayerischen Staatsoper ihre erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Regisseur Christof Loy in Zürich fort. Fabio Luisi, der sich immer wieder für selten gespielte Werke des Belcanto stark gemacht hat, übernimmt die musikalische Leitung.