Ein wunderbarer Opernabend – geradlinig, geschmackvoll und mit subtilem Tiefgang inszeniert, ohne aufgesetzt wirkende Opulenz.
Opernhaus Zürich I Faust
«Nichts» ist das erste Wort dieser Oper
Charles Gounod trug sich seit seiner Jugend mit dem Plan, aus Goethes Faust eine Oper zu machen. Allerdings hat der französische Faust nur wenig mit seinem deutschen Namensvetter gemein. Es ist nicht der Wunsch zu «erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält», sondern reiner Hedonismus, der ihn antreibt und noch kaltblütiger als Goethes Held über Leichen gehen lässt.
Faust in der Midlife-Crisis
Fausts Ehe scheint in eine Sackgasse geraten zu sein, er und seine Gattin haben sich am gediegen gedeckten Esstisch nichts mehr zu sagen. Faust sehnt sich nach Frivolitäten, wagt diese nicht auszuleben und gerät durch Satans Versprechungen in ein gnadenloses Drama. Jan Philipp Gloger deutet Fausts Genusssucht als das Lebensgefühl der bürgerlichen Oberschicht. Faust stürzt sich in eine leidenschaftliche Beziehung mit Marguerite, deren Unschuld und Naivität ihn ebenso anziehen wie ihre Herkunft aus der für ihn exotischen Unterschicht. Gounod nimmt die sehr frei behandelte Gretchen-Tragödie als Material für ein präzises Porträt der Gesellschaft seiner Zeit.