Samuel Becketts Schauspiel ist eine zeitlose Parabel. Seine beiden verletzlichen Landstreicher und metaphysischen Clowns sind das Sinnbild der menschlichen Existenz schlechthin.
Luzerner Theater | Warten auf Godot
Ohne Plan und Ziel
«Nichts zu machen.» So lautet der erste gesprochene Satz in einem der wohl berühmtesten Dramen des 20. Jahrhunderts. Die Vagabunden Wladimir und Estragon sitzen am Rande einer Landstrasse und vertreiben sich die Zeit mit Reden und Spielereien. Sie leben ohne Plan und Ziel, lediglich eine Gewissheit besteht: Sie warten auf Godot. Doch wer Godot ist und was sie sich von ihm erhoffen, bleibt im Dunkeln. Auch das Auftauchen des zweiten Paares – Pozzo und Lucky, ein Herr und sein Knecht – vermag ihre Lage nicht zu ändern. Solange noch Hoffnung auf die Ankunft Godots besteht, werden sie weiter warten.
Sinn und Sinnlosigkeit
Mögliche Antworten auf die Frage, was sich hinter Godot verbirgt, füllen mittlerweile ganze Bibliotheken: Gott, ein höherer Sinn des Lebens oder vielleicht auch nur der Überbringer rettender Pässe für zwei verfolgte Juden, wie eine neue Theorie behauptet? Beckett selbst meinte, ihm komme es nicht auf Godot an, vielmehr auf das Warten. In einer Welt ohne metaphysische Hoffnung bleibt dem modernen Menschen nichts anderes übrig, als dem Gefühl der Sinnlosigkeit mit unaufhörlichem Reden und rastloser Betriebsamkeit entgegenzutreten. Wladimir und Estragon leben weiter, weil sie nun einmal existieren, doch das Dröhnen des Weltengetriebes ist in ihren Ohren längst verstummt. Einzig im menschlichen Miteinander liegt ein Funken Hoffnung verborgen. Andreas Herrmann, Schauspieldirektor am Luzerner Theater, inszeniert nach «Der gute Mensch von Sezuan» ein zweites Mal in dieser Spielzeit und steht in «Warten auf Godot» gleich selber als Lucky auf der Bühne.
Becketts Durchbruch
Der 1906 in Irland geborene Samuel Beckett lebte und arbeitete seit Beginn der 30er Jahre in Paris und schloss sich während des Krieges der Résistance an. «Warten auf Godot», sein erstes veröffentlichtes Theaterstück, wurde 1953 in Paris uraufgeführt und begründete seinen Weltruhm. Hinter Becketts abgründiger Komik verbirgt sich eine Liebe zur menschlichen Hartnäckigkeit, mit der wir alle einem Ziel hinterherjagen. Das Leben löst sich in einem Strudel von unablässigen Wiederholungen auf. «Warten auf Godot», längst zum geflügelten Wort geworden, ist ein Stück über die letzten Fragen, eine philosophische Clownerie. «Immer versucht. Immer gescheitert. Einerlei. Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.»