Seit 150 Jahren verkörpert der Cowboy ein romantisiertes Ideal, das in der kollektiven Vorstellung tiefe Spuren hinterlassen hat – obwohl die historische Figur nur ein kurzes Intermezzo zwischen 1865 und 1880 war. Ute Behrend dekonstruiert mit Witz und analytischer Schärfe in «Cowboys. After Barbed Wire» den Mythos und zeigt die Diskrepanz zwischen historischer Realität und medialer Überhöhung. Warum prägen Cowboys bis heute unser Bild von Männlichkeit und Heldentum?
Ute Behrend reitet in den Mythos der Männlichkeit
- Publiziert am 18. November 2025
Ein besonders prägnantes Beispiel für die moderne Inszenierung des Mythos ist der «Marlboro Man». Jener Werbefigur, die von 1954 bis 1999 weltweit für die Zigarettenmarke Marlboro warb, verlieh der Schweizer Fotograf Hannes Schmid durch seine ikonischen Aufnahmen in den 1980er- und 1990er-Jahren entscheidend Gestalt. Schmid formte das Bild des einsamen, rauchenden Cowboys in der weiten Prärie, das bis heute im kollektiven Gedächtnis verankert ist.

Von der Realität zur Legende: Ein globales Phänomen
Die Initialzündung für die unsterbliche Popularität des Cowboys war keine historische Tatsache, sondern eine Inszenierung: Die mythologische Aufladung der Figur begann erst 1883, durch Buffalo Bill und seine populären Westernshows. Diese Shows zementierten den Cowboy für die nächsten dreissig Jahre als zentrale amerikanische Ikone – ein Bild, das seither in Kunst, Medien und im Alltag immer wieder neu interpretiert wird.
Von Rodeoveranstaltungen über Westernreiten, Reenactments und Tanzpartys bis hin zu Film, Musik und Mode – die Faszination für den Cowboy ist global und unabhängig von der historischen Realität ungebrochen. Doch was steckt hinter dieser anhaltenden Wirkmacht?

Klischees auf dem Prüfstand: Die Faszination der Rolle
Ute Behrend schaut genauer hin. In ihrer Arbeit stellt sie die Fragen: Inwiefern entsprechen die Klischees den Realitäten von gestern und heute? Wie findet die Identifizierung mit der Rolle des Cowboys heute statt? Und welche Rolle spielt der Cowboy in aktuellen Gender-Diskursen? Mit einer markanten Ästhetik und erzählerischer Dichte stellt Behrend die gängigen Klischees auf den Prüfstand. Sie beleuchtet die Sehnsucht nach männlichen heroischen Figuren, die unser kollektives Bewusstsein formt. Behrends künstlerische und humorvolle Auseinandersetzung entlarvt die modernen Cowboys als Darsteller in einem kulturellen Schauspiel – nimmt ihnen dabei aber niemals ihre Würde. Sie zeigt, dass die Geschichte des Cowboys weniger eine Geschichte der Prärie ist, als vielmehr eine der kulturellen Imagination.
