Politik, Kantone und Verbände drängen auf Tempo – doch der Bundesrat lässt die Schweiz weiter im Unklaren über ihre nächste Landesausstellung. Dabei ist diese seit Jahren in Planung. Millionen sind investiert – aber aus Bern kommt keine klare Ansage. Im Nationalrat wächst der Frust: Warum wird ein Projekt hinausgezögert, das breite Unterstützung geniesst und für das bereits konkrete Vorarbeiten vorliegen?
Das grosse Warten auf die EXPO
- Publiziert am 8. Dezember 2025
Liebe Nörgler:innen – eine neue Expo ist überfällig
Kommentar: Felix Schenker, Chefredaktor arttv.ch
Die Schweiz wartet auf ihr nächstes nationales Schaufenster: Eine neue Landesausstellung soll zeigen, wie sich das Land wandelt. Mit dem Projekt (N)EXPO liegt ein zukunftsorientiertes, dezentral organisiertes Konzept auf dem Tisch, doch das zögerliche Verhalten des Bundesrats sendet ein schlechtes Signal an Städte, Kantone und die Kulturszene.
Gerade in unsicheren Zeiten wie diesen sind mutige Projekte notwendig – echte Hoffnungsträger, die zeigen, dass die Schweiz bereit ist, über die Gegenwart hinauszudenken.
Ich erinnere mich gut an die EXPO.02: Auch damals wurde monatelang schlechtgeredet, kritisiert und gezweifelt. Und dann wurde sie zu einem Ereignis, das man nicht mehr vergisst – etwas vom Spannendsten und Berührendsten, das ich je erlebt habe. Umso mehr wünsche ich den Initiant:innen heute Kraft, Ausdauer und Mut. Denn auch diesmal werden sie nicht vor Anfeindungen bewahrt bleiben: Die ewigen Nörgler:innen werden wieder laut rufen, alles sei zu teuer, unnötig, reine Geldverschwendung.
Doch wer Grosses wagt, muss Widerstände aushalten. Die nächste Expo verdient unseren Enthusiasmus – nicht unseren Kleinmut.
Was bisher geschah
2022: Bund und Kantone bekräftigen, dass eine nächste Landesausstellung erwünscht sei und einen gesamtwirtschaftlichen sowie kulturellen Nutzen bringe.
2024: Die Motion «Landesausstellung» wird angenommen – der Bundesrat soll die Vorbereitungen beschleunigen.
2024/25: Die Vernehmlassung zum Fördergesetz zeigt deutliche Zustimmung von Kantonen, Verbänden und der Wirtschaft. Gleichzeitig signalisiert die Bundesregierung Zurückhaltung bei der Finanzierung – möglicherweise bis in die 2030er-Jahre. Die Kommunikation wirkt widersprüchlich.
2025: Zeitplan, Selektionskriterien und Einreichfristen sind weiterhin offen. Die Initiativen warten auf eine klare Entscheidung.
Politischer Druck steigt: «Wo bleibt der Fahrplan?»
Zu Beginn der Fragestunde im Nationalrat im Dezember 2025 prasselten die Fragen auf die Landesregierung ein. Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter erinnerte daran, dass Kantone, Städte, Sponsoren und Verbände «seit Jahren viel Geld investieren» und sich auf die politischen Signale verlassen hätten. SP-Nationalrätin Céline Widmer wollte wissen, warum Rahmenbedingungen, die seit 2022 teilweise definiert sind, nicht endlich konkretisiert würden.
Die Irritation war gross – denn eigentlich hatte der Bund die Durchführung einer nächsten Landesausstellung ausdrücklich begrüsst und ihren kulturellen sowie volkswirtschaftlichen Nutzen hervorgehoben. Das zögerliche Vorgehen erinnert an die Startschwierigkeiten der EXPO.02. Auch damals kam die «grosse Schweiz-Show» nur mit Mühe ins Laufen. Organisationsprobleme, häufige Änderungen im Management und erhebliche Kostensteigerungen machten das Projekt zu einem Politikum.
Die 1,6 Milliarden Franken kamen nur dank Last-Minute-Finanzspritzen und massiver Sponsorengelder zustande. Viele Beteiligte fühlten sich überfordert. Trotzdem entschied man sich, das Projekt durchzuziehen. Am Ende besuchten über 10 Millionen Menschen die Ausstellung. Für die Mehrheit wurde die Expo.02 ein bleibendes Erlebnis – ein unvergessliches Spektakel von prägendem Wert.
Unterstützung ja – Finanzierung irgendwann?
Besonders befremdlich wirkt aus Sicht vieler die widersprüchliche Kommunikation des Bundesrates: Während er mit der Motion verpflichtet wurde, die Vorbereitungen zu beschleunigen, signalisierte er gleichzeitig, bis in die 2030er-Jahre auf eine finanzielle Förderung verzichten zu wollen. Eine Deadline für Projektskizzen? Fehlanzeige. Kriterien für die Auswahl? Unklar. Zeitplan? Fehlanzeige.
Das sorgt für Unmut – bei Parlament, Kantonen und den Initiativen, die längst bereitstehen, wenn der Bundesrat
endlich grünes Licht gibt. Jetzt – so der dringliche Appell aus dem Nationalrat – braucht es Entscheidungen statt weiteres Warten. Die Geduld in Politik und Zivilgesellschaft ist am Limit. Wer eine Landesausstellung will, muss sie jetzt ermöglichen – nicht irgendwann. Die breite Unterstützung steht, die Konzepte liegen bereit.
Nun liegt der Ball beim Bundesrat: Die Schweiz wartet auf einen Fahrplan. Und auf den Mut, die Zukunft nicht länger aufzuschieben.