Das Artilleriewerk Heldsberg bei St. Margareten gehört zu den eindrücklichsten militärischen Hinterlassenschaften der Schweiz des 20. Jahrhunderts. Errichtet kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, steht die Anlage exemplarisch für eine Epoche der Vorsorge, der Abschreckung und des technischen Pragmatismus – und ist heute ein Ort der Erinnerung und Reflexion, gerade in kriegerischen Zeiten, wie wir sie aktuell besonders stark erleben.
Artilleriewerk Heldsberg – Geschichte im Fels
- Publiziert am 14. Dezember 2025
Ein verborgenes Artilleriewerk über dem St. Galler Rheintal erzählt von der militärischen Vorsorge der Schweiz im 20. Jahrhundert.
Steinerne Zeugen der Wachsamkeit
Die Schweiz verfügt über zahlreiche historische Festungen, von denen heute einige als Museen zugänglich sind – Orte, an denen Geschichte nicht abstrakt erzählt, sondern räumlich erfahrbar wird. Zu den eindrücklichsten zählt das in diesem Videoartikel porträtierte Artilleriewerk Heldsberg bei Widnau, das die angespannte Wachsamkeit der Vorkriegszeit bis heute spürbar macht. Tief im Gotthardmassiv öffnet der Sasso San Gottardo den Blick in das Herz der Landesverteidigung und verbindet Militärgeschichte mit existenziellen Fragen von Sicherheit und Verantwortung – ein Ort, den wir in mehreren Videobeiträgen vertieft dokumentiert haben und der immer wieder auch kulturelle Akzente setzt, etwa mit der viel beachteten Ausstellung «Goethe am Gotthard», die die Gotthardreisen des berühmten deutschen Literaten thematisiert.
In der Zentralschweiz vermittelt die Festung Fürigen bei Stansstad anschaulich, wie ernsthaft das Reduit als letzter Rückzugsraum gedacht war; auch hier haben wir ein Videoporträt realisiert, das den Ort und seine Geschichte greifbar macht. Das Fort de Pré-Giroud bei Vallorbe erzählt von der permanenten Bedrohung an der Westgrenze, während die Festung Reuenthal daran erinnert, wie nah der Krieg ganz besonders im Norden der Schweiz war – und wie viel Aufwand betrieben wurde, um ihn fernzuhalten.
Ein Bollwerk der Landesverteidigung
In den Jahren 1938 bis 1941 gebaut und geplant, als Teil der Grenzbefestigung im Rheintal, entstand das Artilleriewerk Heldsberg in einer Phase zunehmender Bedrohungslage in Europa. Das Alpenrheintal galt als mögliche Einfallsroute, entsprechend konsequent wurde der Berg befestigt und militärisch genutzt. Tief im Fels verborgen, verfügte das Werk vier 7,5 cm-Festungskanonen mit Blick ins Rheintal und mehrere Maschinengewehre. Rund 1 000 Meter unterirdische Gänge verbanden die Infrastruktur für Personal und Betrieb: Mannschaftsunterkünfte, Munitionslager, Kommandoräume sowie eine eigene Strom- und Wasserversorgung. Die Anlage war darauf ausgelegt, über längere Zeit autark betrieben zu werden. Für die in der Festung stationierten Soldaten bedeutete dies ein Leben im Untergrund – geprägt von Enge, Disziplin und permanenter Einsatzbereitschaft.
Vom Geheimnis zum Museum
Obwohl das Artilleriewerk Heldsberg nie in Kampfhandlungen verwickelt wurde, blieb es bis in die Zeit des Kalten Krieges Teil der Schweizer Verteidigungsstrategie und wurde mehrfach modernisiert. Erst in den 1990er-Jahren verlor die Anlage ihre militärische Funktion und wurde ausser Dienst gestellt. Heute ist Heldsberg als Museum zugänglich und gewährt Einblick in eine jahrzehntelang verborgene Welt. Die nüchterne Architektur, die technische Präzision und die strikte Funktionalität machen sichtbar, wie ernst die Schweiz ihre Neutralität verstand – nicht als passiven Zustand, sondern als Haltung, die verteidigt werden musste. In einer Gegenwart, in der Krieg in Europa wieder Realität ist, gewinnt dieser Ort neue Aktualität und lädt zur Auseinandersetzung mit Geschichte, Sicherheit und Verantwortung ein.