Zwar ohne das geplante Gastland Kanada aber dafür mit einem Füllhorn an literarischen Leckerbissen aus Schweizer Schreibstuben und Verlagen. Und auch wenn der Gastauftritt von Kanada in Frankfurt und in Zofingen aus mittlerweile allzu bekannten Gründen verschoben wurde, hat sich das Team um Programmleiterin Julia Knapp und Präsidentin Sabine Schirle entschieden, dem literarischen Schaffen Tür und Tor zu öffnen. Mit einem anderen Programmschwerpunkt.
Literaturtage Zofingen | Lese-Ernte aus heimischem Schaffen
Illustre Namen für bunte Debatten
Den Verantwortlichen ist es gelungen, versierte und namhafte Persönlichkeiten für die Modera-
tionen und Podien einzuladen, die für lebendige und anregende Gespräche garantieren:
Jacqueline Aerne, Übersetzerin, Vorstandsmitglied Literarischer Club Zürich
Urs Heinz Aerni, freischaffender Journalist, Kulturvermittler und Autor
Ursi Anna Aeschbacher, Verlegerin Die Brotsuppe
Katharina Altas, Literaturagentin
Eric Facon, Journalist und Moderator SRF
Jacqeline Joss, freischaffende Übersetzerin und Dolmetscherin
Hanspeter Müller-Drossaart, Schauspieler, Autor und Jurymitglied Solothurner Literaturpreis
Yvonne Oesch, Schauspielerin und Vorstandsmitglied Kleine Bühne Zofingen
Tanja Pete, Geschäftsführerin der CH-Stiftung
Chasper Pult,Kulturvermittler und Übersetzer
Raphaela Sabel, freischaffende Redakteurin und Moderatorin
Monika Schärer, Journalistin und Moderatorin SRF
Claudio Spescha, Literaturkommission der CH-Reihe
Nicola Steiner, Gastgeberin «Literaturclub» SRF und Jurymitglied Solothurner Literaturpreis
Kultureller Heimaturlaub
Als alles still stand vom März bis Mai, ohne Lesungen und mit geschlossenen Buchhandlungen und Bibliotheken, entfielen für zahlreiche Frühlingsnovitäten die öffentliche und mediale Wahrnehmung. Die Leidtragenden sind Schreibende und ihre Verlage. Ohne die Zusammenarbeit zwischen Autor*innen und guten Verlagen mit seriösem Lektorat und professionellem Vertrieb, hätten es die Leser*innen schwer, Bücher zu entdecken, die unterhalten, weiterbilden und Horizonte erweitern. «Und genau hier setzen wir ein,» erklärt Julia Knapp, die zum ersten Mal das Programm in Zofingen gestaltet, «wie viele mussten auf ihren Urlaub im Ausland im Corona-bedingten Ausnahmejahr 2020 verzichten und verbrachten deshalb ihre schönste Zeit des Jahres im eigenen Land. Das tun wir nun ebenso mit einem schweizerischen Programm.» So soll diese Literatur-Ausgabe dem heimischen Schaffen gewidmet sein.
Vom Gwätt über Furna und Sansibar zur Frage über Leben und Tod
Auch das Programm 2020 zeigt ein Wechselspiel zwischen Kulturdisziplinen und Themen, die nicht nur zwischen Buchdeckeln passen. Was bereits die Eröffnung am 23. Oktober um 18 Uhr bestätigen wird, an der die Autorin und «schnellste Bernerin», Stefanie Grob am Text, Sibylle Aeberli am Sound sein werden.
Verlag: Der gesunde Menschenversand, Luzern
Apropos Sound: Unverkennbar ist die sprachliche Musik der aus dem Val Lumnezia stammenden Leontina Lergier-Caviezel, die ihr Buch «Hinter dem Gwätt» vorstellt, das nun in Deutsch vorliegt und im Original den audiogenen Titel trägt «Davos ils migrins».
Verlag: Die Brotsuppe, Biel
Was passiert, wenn auf einmal eine fremde junge Frau aus dem Vorarlberg in der Türe von Anton Marxer mit seiner gelähmten Frau steht, irgendwo in einem Bündner Tal? Und dies, während im Zweiten Weltkrieg nicht nur die grosse Welt aus den Fugen gerät, sondern jetzt noch diejenige von Anton. Davon erzählt der Berner Thomas Röthlisberger in seinem aktuellen Buch «Das Licht hinter den Bergen».
Verlag: Edition Bücherlese, Luzern
Der Dramatiker, Philosoph und Autor, Lukas Linder lebt in Basel und in Lodz. Er stellt in seinem Ro- man «Der Unvollendete» fest, dass das Leben das zu sein scheint, was man statt seiner Träume bekommt. Zu diesem Schluss könnte jedenfalls seine Figur Anatol kommen.
Verlag: Kein & Aber, Zürich
Ausleben kann auch anders verstanden werden. Wie möchte man sterben und kann mit dem Tod Frieden geschlossen werden? Die in Basel lebende Journalistin Mena Kost, stellte für Ihr Buch «Ausleben» fünfzehn Menschen über 80 diese und andere Fragen. Fotografisch und auf subtile Art eingefangen durch Annette Boutellier, die aus Bern anreisen wird und auch schon den Gesamtbun- desrat ablichtete.
Verlag: Christian Merian, Basel
«In der Heimat meines Vaters riecht die Erde wieder nach Himmel» ist der Titel des Buches aus der Feder von Samira El-Maawi. Warum wollen der zehnjährigen Icherzählerin immer alle an die Haare fassen? Warum entgleitet ihrem Vater aus Sansibar die Schweiz als neue Heimat immer mehr? Be- rührender Lesestoff mit grossem Debatten-Potenzial!
Verlag: Zytglogge Verlag, Basel
Er ist ein Meister, der gelungene oder misslungene aber wahre Lebensentwürfe dergestalt dokumen- tiert, dass sich der Lesende in einem unglaublichen Roman wähnt. Willi Wottreng schreibt seit Jahr- zehnten im Zürcher «Chreis Cheib» für Medien wie NZZ am Sonntag Nachrufe und von Leben wie den Geldfälscher Farinet oder die Milionärin Lydia Welti-Escher. An den Literaturtagen Zofingen stellt Wottreng sein neuestes Werk vor: «Jenische Reise»
Verlag: Bilger, Zürich
Hat sich tatsächlich viel verändert, seit der Einführung des Frauenstimmrechts vor 50 Jahren im Alltag als Frau? Unter dem augenzwinkernden Titel «Gruss aus der Küche» präsentieren die Journalis- tinnen Rita Jost und Heidi Kronenberg ihr lesenswertes Buch, in dem sie 30 Frauen zwischen 28 und 80 über ihren Alltag zu Wort kommen lassen. Ein Text draus stammt auch von Esther Pauchard, die nicht nur durch Kriminalromane bekannt ist, sondern als Fachärztin für Psychiatrie voll und ganz in der Alltagsrealität steht und hier in Zofingen mitdiskutieren wird.
Verlag: Rotpunktverlag, Zürich
«Performance» ist in Mode und klingt besser als «Darstellung» oder «Leistung», oder? Das tun diese Kulturschaffenden zwischen Lesung und Bühne-Action. Die Rede ist einmal von Christoph Schneeberger, der auf vielen Hochzeiten gerne tanzt und sein Buch «Neon Pink & Blue» von Ursi Anna Aeschbacher designen liess. Mit X Noëme & Steela Diamond und der Videokünstlerin Nicolle Bussien, wird Spoken Word mit Musik und Bild fusioniert.
Verlag: Die Brotsuppe, Biel
Wer am Sonntag nicht zum Gottesdienst muss aber doch die Geschichte der «Illegalen Pfarrerin» hören möchte, darf sich auf die Lesung und das Gespräch mit der Autorin und Ex-Redakteurin von SRF2 Kultur, Christina Caprez, freuen, die von einer lebenshungrigen Frau berichtet, die vom Bünd- ner Bergdorf Furna zur ersten Pfarrerin gewählt wurde. Das war 1931, wohlverstanden.
Verlag: Limmat Verlag, Zürich
«Ein absolut überraschendes Buch, das zum Interessantesten gehört, das in den letzten Jahren aus
der italienischen Schweiz publiziert wurde.» Das erklärte eine Jury und übergab Fabio Andina den
Terra Nova Preis 2019. «Tage mit Felice» ist der Titel des Buches, das uns lesend in ein Tessiner
Bergdorf bringen lässt, mit seinen letzten Kühen, den Geheimnissen eines alten Mannes im Zeitgeist
der technischen Revolution.
Verlag: Rotpunktverlag, Zürich
Usama Al Shahmani übersetzte «Fräulein Stark» von Thomas Hürlimann ins Arabische, lebt mit seiner Familie in der Ostschweiz und beglückte Kritik wie Leserschaft mit seinem ersten Roman «In der Fremde sprechen die Bäume arabisch». Nun liegt sein zweites Buch vor mit ebenso einem vielversprechenden Titel: «Im Fallen lernt die Feder fliegen». Flucht, Exil und die Mühsal der kollidierenden Kulturen betreffen jede und jeden von uns.
Verlag: Limmat Verlag, Zürich
Und zum guten Schluss weht doch noch eine kanadische Brise durch das Programm 2020, mit Éric Plamondon. Der in Québec gebürtige Autor veröffentlichte bisher sechs Romane und wird in
Zofingen den Roman «Taqawan» vorstellen, in der alles mit einer Razzia mit Übergriffen am 11. Juni 1981 beginnt und in die Suche nach dem Geburtsort mündet, so wie es die Lachse Kanadas tun.
Verlag: Lenos, Basel