Die hinter der Kunstfigur Jessica Jurassica stehende 25-jährige Künstlerin ist im Kanton Appenzell Ausserrhoden aufgewachsen. Ihre Identität ist anonym, um dem Konzept der gesichtslosen digitalen Kunstfigur gerecht zu bleiben. An der Preisverleihung war sie persönlich nicht anwesend – das Publikum konnte sie aber in Form einer Video-Performance kennenlernen.
Literatur mit Sturmmaske | Jessica Jurassica
Der Jurypreis des Literaturland Schreibwettbewerbs des Amtes für Kultur Appenzell Ausserrhoden geht an Jessica Jurassica für den Text «#influenza».
Über den Gewinnertext von Jessica Jurassica
Sie ist schön, sie ist cool, sie weiss, was angesagt ist, sie ist – Influencerin. Doch jetzt ist ihr die Sache über den Kopf gewachsen. Sie braucht dringend Ruhe, eine Auszeit, einen Rückzugsort, wo sie der ganze virtuelle Trubel nicht erreichen kann. Denn: «Ihr Körper kann sich sehen lassen, das weiss sie, das sagen ihr die User im Internet täglich, die Mädchen, die sie bewundern, und die Boys, die sie privat anschreiben, und sogar die Bots machen ihr Komplimente für ihren Körper.» Dass es weh tun kann, in der Haut einer öffentlichen Figur mit perfektem Lächeln, perfektem Style, perfektem Geschmack zu stecken – mögen noch so viele junge Mädchen und Frauen davon träumen, wie sie zu sein –, davon erzählt die Geschichte, der die Jury den Preis in der Kategorie Erwachsene zugesprochen hat. Sie erzählt es auf schonungslose, originelle, zupackende Weise. Die Autorin geht ganz in ihre Figur hinein und mit ihr an die Grenze; sie lässt sie kritisch nachdenken über das Leben, das sie führt, doch so schnell wird sie die Follower im Kopf nicht los – jede Gedankenfolge endet bei der Sorge um ihr perfektes Image. Der Text nimmt seine zeitgeistige Protagonistin ernst und es gelingt ihm, sich nie über sie lustig zu machen. Gerade so spüren die Leser*innen, wie tief die Blicke der Follower und die Logik der Likes unter die Haut gehen, wie sie nicht nur das Körpergefühl, sondern das ganze Denken und Fühlen der jungen Frau bestimmen, von der alle erwarten, dass sie glücklich ist. Dass sie sich die Haare an den Beinen wachsen lässt, zumindest in den Ferien, ist ein Anfang.
Jurypreis Kategorie Jugendliche (14 -18 Jahre)
Die 17-jährige Kantonsschülerin Lea Sager aus Bühler erhält den mit 1’500 Franken dotierten Jurypreis in der Kategorie Jugendliche. Für Lea Sager ist Schreiben das Medium, durch das sie sich ausdrücken kann, wie es andere beim Zeichnen oder durch Musik tun. Die Jury würdigt den Text «Selbstverständlich!» in ihrer Laudatio: «Mit einem Flair fürs Absurde erzählt Lea Sager die Geschichte von einer eigentlich ganz normalen, aber doch reichlich seltsamen Begegnung. Der Preisträgertext der Kategorie Jugendliche ist eine runde, witzige, temporeich getaktete Geschichte.»
Publikumspreis
Ruth Weber-Zeller wird mit dem Publikumspreis in der Höhe von 4’500 Franken ausgezeichnet. Die 47-jährige Familienfrau lebt in Walzenhausen und ist im Gesundheitswesen tätig. Vor drei Jahren hat sie eher zufällig mit dem Schreiben angefangen. Heute sagt sie: «Seitdem lässt mich das Schreiben nicht mehr los, ist zu einem Teil von mir geworden, zu einem tiefen Bedürfnis, dem ich Raum geben möchte. Schreiben als Möglichkeit, mit dem Leben umzugehen. Mit Worten zu gestalten und ihnen Leben einzuhauchen, bereitet unendliche Freude.» Die Jury würdigt den Text, den das Publikum auserkoren hat mit diesen Worten: «Zwei, drei Sätze genügen, und wir sind mitten drin – im Text und im Leben einer Ich-Erzählerin, die am Ende ihres Lebens angelangt ist. Mit einfachen Worten, kurzen, harten, präzisen Sätzen evoziert die Autorin die Atmosphäre im Altersheim fast glauben wir, die Essensdüfte zu riechen, die noch vom Mittagessen in den Räumen hängen. Der Text ist kunstvoll gemacht und entfaltet einen starken Sog. Die Tragik dieser alten, verwirrten und doch so poetisch die Fäden ihrer Erinnerungen verwebenden Frau, berührt.» In Teufen kürte das Publikum die 46-jährige Alexandra von Arx aus Urnäsch für den Text «Kopfreisen im Appenzellerland» zur Tagessiegerin.