Im Traum begegnen wir Tieren und der Natur auf eine Weise, die uns im Alltag verwehrt bleibt. Die Ausstellung «mit träumen» zeigt, wie diese nächtlichen Erlebnisse uns zu neuem Handeln inspirieren können. Entdecke mit sechs Künstler:innen in der Fundaziun Nairs, wie wir das Verhältnis von Mensch, Tier und Umwelt neu denken können.
Wo Mensch und Tier Träume teilen
- Publiziert am 7. November 2025
Josiane Imhasly, die neue Direktorin der Fundaziun Nairs, eröffnet zum Jahresende ihre erste Ausstellung.
Blick in die Ausstellung
Angelika Annen taucht für ihr Video ins Wasser und sucht das fischwerden. Benjamin Egger imaginiert in einer naturhistorisch anmutenden Vitrine eine zukünftige Welt, in der Hunde die Menschheit überlebt haben. Und in einer Serie Ölmalereien holt er die Erinnerung an eine nächtliche Begegnung mit einem Biber im Fluss, die ihn zu einem anderen gemacht hat, immer und immer wieder hervor. Sophie Schmidts künstlerische Praxis ist kaum von Träumen und Tieren zu trennen. Sie träumt ständig mit Tieren und vermischt sich darin mit ihnen, wie auch in ihren Zeichnungen, Skulpturen und Performances. Von Stefanie Salzmann sind draussen, an Bäumen befestigt wie Nester, Traumsammlerinnen zu sehen sowie eine neue Arbeit, die sich während der Ausstellung verändert. Wie immer in ihren Werken hat sie dafür die naturgefärbte Wolle der Schwarznasenschafe ihrer Familie verfilzt und somit Pflanzen, Tiere und Menschen, deren Körper und Rhythmen in einen Dialog gebracht. June Fischers Werke, die Keramik, Siebdruck und Video verbinden, gehen von der Écriture automatique aus – einem unzensierten, spontanen, wilden Schreiben, das dem Träumen gar nicht unähnlich ist – und von ihrer Passion für die Tiefsee und die Wesen, die darin leben. Von Vital Z’Brun sind Videos und Videostills zu sehen, die uns in seinen Kosmos aus mit Draht und Stoff gefertigten Tieren und Dingen eintauchen lassen und in Szenen, die oft auf Z’Bruns Träumen beruhen.
Geteilte Träume: Wenn Kunst auf Tierwelt trifft
In den Wohnateliers der Fundaziun Nairs berichten gastierende Künstler:innen immer wieder von besonders lebhaften, vom Ort inspirierten Träumen, die oft von Tieren bevölkert sind. Diese Beobachtung wirft die Frage auf, ob Tiere andersherum auch von Menschen träumen. Die jüngste wissenschaftliche Anerkennung des Träumens bei Tieren ist eine revolutionäre Erkenntnis. Sie impliziert, dass Tiere Bewusstsein, Selbstbewusstsein und Kreativität besitzen – alles Fähigkeiten, die ihnen in westlichen Kulturen jahrhundertelang abgesprochen wurden. Dies zwingt uns, die traditionelle Hierarchie zwischen Mensch und Tier grundlegend zu überdenken.
Mensch und Bär: Eine Geschichte der Begegnung
Inspiration für die Ausstellung war Nastassja Martins Erzählung «An das Wilde glauben», in der sie eine prägende Begegnung mit einer Bärin in Kamtschatka beschreibt, die sie in eine unsichere Existenzzone zwischen den Welten führte. Diese Auseinandersetzung mit dem Wilden erhält in Nairs eine lokale Dimension: Am Piz Pisoc wurde 1904 die letzte Schweizer Bärin erlegt, gefeiert und im benachbarten Hotel verspeist und ausgestellt. Seit 2005 werden im Unterengadin wiederholt Bären gesichtet. Ironischerweise trug eine der Nairser Mineralquellen, die einem Brückenpfeiler weichen musste, den Namen «Ursus» (lat. Bär).