Was treibt uns an, schöpferisch tätig zu sein und auch zu bleiben? Und was heisst es, als Künstler:in «älter» zu werden? Die Ausstellung LANGEZEIT vereint Werke von vier Kunstschaffenden älterer Generation aus der Region Zürich. Es treffen unterschiedliche Medien und Materialien aufeinander: Malereien, Skulpturen, Zeichnungen, Collagen oder Video.
Weiter wirken – Kunst im höheren Lebensalter
- Publiziert am 4. November 2025
Vier Kunstschaffende setzen sich mit kultureller Teilhabe in der späteren Lebensphase auseinander.
Olivia Etter (*1956, Zürich, lebt und arbeitet in Zürich) besuchte den Vorkurs der Kunstgewerbeschule Zürich und schloss dort 1976 ihre Ausbildung als Dekorateurin ab. Für die Gruppenausstellung Saus und Braus in der Städtischen Galerie zum Strauhof in Zürich kleidete sie 1980 einen Raum mit bemalten Tüchern aus, als wäre es ein veräusserlichter Körper. Ihr künstlerisches Œuvre umfasst surrealistische Werke mit verspielten, fantasievollen Traumtieren. Ironie und Doppeldeutigkeit prägen diese hybriden Objekte. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Wien arbeitet Etter seit 1996 wieder in der Schweiz. Kürzlich waren ihre Werke in Gruppenausstellungen im Aargauer Kunsthaus sowie im Kunstmuseum Olten zu sehen. In ihren hybriden Objekten verwebt sie gerne symbolische Formen von Monden, Fischen, Fühlern, Trichtern und Vasen.
Peter Lüthy (*1941, Zürich, lebt und arbeitet in Thalwil) unterrichtete nach einer Lehre im grafischen Gewerbe während vielen Jahren an der Kunstgewerbeschule Zürich (ZHdK). Seit 1970 stellt er regelmässig aus. Sein künstlerisches Werk konzentriert sich dabei vornehmlich auf die Medien Zeichnung und Skulptur im Kleinformat. Dabei dienen ihm gefundene Objekte oder Situationen aus dem Alltag als Inspiration für neue Bildfindungen. In den letzten Jahren sind eine Vielzahl an Collagen aus Zeitschriftenschnipseln und Zeichnungen auf Post-its entstanden, an denen er noch immer täglich arbeitet. Sie widerspiegeln seine konstante und unmittelbar Auseinandersetzung mit der Welt.
Katharina Rapp (*1945 Winterthur, lebt und arbeitet in Winterthur). Nach ihrer Ausbildung zur Primarlehrerin war sie zunächst in diesem Beruf tätig. Nach einer Weiterbildung an der Schule für Gestaltung Zürich (1986) ist sie seit 1993 freischaffende Künstlerin. Seit 2020 arbeitet sie in ihrem Atelier in der Gemeinschaft Hard in Winterthur. Katharina Rapps künstlerisches Werk umfasst Malerei, Zeichnungen, Objekte und Installationen. Ihre Arbeiten entstehen oft aus gesammelten Materialien, die sie intuitiv verarbeitet. Trotz der Vielgestaltigkeit ihres Werks, das sich bewusst abseits konventioneller Kunstverständnisse bewegt, finden sich auch wiederkehrende Motive in ihren Arbeiten wie z. B. Häuser. Gemalt oder als Objekte stehen sie für die Künstlerin für das Behaustsein, das Daheimsein, für Schutz, Geborgenheit und Erdung.
Erna Weiss (*1952, Winterthur), lebt und arbeitet in Winterthur. Neben ihrer Arbeit als Primarlehrerin von 1971 bis 1990 bildete sie sich weiter an der ZHdK. Von 1991 bis 1994 folgte eine Ausbildung im Fachbereich Zeichenlehrerin, freier Lehrgang Kanton Aargau. Seit 1990 ist sie als freischaffende Künstlerin tätig. Ihre künstlerische Praxis umfasst Malerei, Zeichnung, Objektkunst, Fotografie und installative Interventionen. In ihrer Malerei arbeitet sie häufig mit monochromen Farbflächen, subtilen Übergängen und fein geschichteten Lasuren. Dabei nutzt sie eine reduzierte Bildsprache, sei es in der Serie der Autolacktafeln auf Aluminium oder in der Serie der Farbtafeln im Grossformat (2000–2008, 2021–2025). Diese entstehen Fläche um Fläche in langen, präzisen Arbeitsprozessen. Sie lassen bei näherer Betrachtung andere Farben durchscheinen. Aktuell beschäftigt sich die Künstlerin vermehrt mit den Medien Fotografie und Video, wobei ihr die Natur auf ihren Spaziergängen als unerschöpfliche Inspirationsquelle dient.
Ausserhalb des Blickfelds
Viele Kunstschaffende widmen sich über Jahrzehnte ihrer Kunst und gehen dabei selten in den Ruhestand. Über die Jahre entsteht ein kontinuierliches Werk, eine fortwährende Auseinandersetzung mit der eigenen künstlerischen Praxis. Mit dem Älterwerden findet diese oft zunehmend im Verbogenen statt – vielleicht, weil die künstlerische Arbeit von älteren Kunstschaffenden aus dem Fokus der Öffentlichkeit gefallen ist, weil Kunstschaffende an einem gewissen Punkt ihres Werdegangs nicht mehr den ausgeschriebenen Förderinstrumenten entsprechen, oder auch weil der Markt und die Kunstwelt nach immer neuen, jungen und aufstrebenden Positionen verlangt. Dabei zeichnen sich gerade Werke einer späteren Lebensphase durch eine gesteigerte Intensität aus, die sich nicht zuletzt auch thematisch äussert. In der Ausstellung werden Werke von Olivia Etter (*1956, lebt in Zürich), Peter Lüthy (*1941, lebt in Thalwil), Katharina Rapp (*1945, lebt in Winterthur) und Erna Weiss (1952, lebt in Winterthur) gezeigt. Dabei stehen ältere Arbeiten der jeweiligen Künstler:innen neben ganz aktuellen Werken. So werden Kontinuitäten und Unterschiede zwischen verschiedenen Schaffensphasen sichtbar. Die Arbeiten kreisen um die Themen Zeit, Wahrnehmung, Alltag, Traum, innere psychologische Prozesse, Leben und Tod sowie Stille.
(Textgrundlage: oxyd – Kunsträume)