Dem Textilmuseum St.Gallen ist es gelungen, die wunderbare Schmucksammlung des niederländischen TextielMuseum Tilburg zu uns zu holen. Erweitert wird die Schau mit einzigartigen Schweizer Objekten.
Textilmuseum St.Gallen | Body Jewels
Abwendung von der Tradition
Im Zuge der gesellschaftlichen Veränderung der 1960er-Jahre wendet sich eine Gruppe junger Schmuckgestalterinnen und -gestalter vom traditionellen Schmuckdesign ab. Sie entwerfen experimentelle Objekte, die aus alltäglichen Materialien wie Plastik, Kautschuk und Textilien gefertigt und zu erschwinglichen Preisen angeboten werden. Ihren Anfang nimmt diese Entwicklung unter anderem in den Niederlanden, wo sie sich in den 1970er-Jahren etabliert. Die Freude am Experiment und an intellektuellen Spielereien sind den Gestaltern manchmal wichtiger als die Tragbarkeit. Für Designerinnen wie Alet Pilon oder Felieke van der Leest existiert die Trennung zwischen Mode, Accessoire und Schmuck nicht. Sie greifen künstlerische Strömungen auf und thematisieren in ihren Arbeiten gesellschaftspolitische Fragen.
Schweizer Standpunkte
Anklang finden die neuen Ideen auch in der Schweiz, wo die Schmuckdesigner die Demontage des klassischen Schmucks, den Wandel vom zierenden Blickfang zum autonomen Objekt einige Jahre später vollziehen und ihrerseits die Grenzen zwischen Design, Mode und Kunst hinterfragen. Die Schmuckgestalterin Johanna Dahm, halb Schweizerin, halb Holländerin, zeigt 1977 ihren von der De-Stijl-Bewegung geprägten Schmuck aus Aluminium und Kunststoff in den Niederlanden, wo sie sofort grosse Erfolge verbuchen kann. Obwohl das Interesse in der Schweiz anfänglich gering ist, markieren ihre in Serie produzierten Broschen in der schweizerischen Schmucklandschaft den Beginn einer neuen Ära.
Textilmuseen Tilburg und St.Gallen
Die Schau, konzipiert vom Textilmuseum in Tilburg, illustriert die niederländische Designentwicklung anhand von Schmuckstücken aus der eigenen Sammlung. Das Textilmuseum St.Gallen ergänzt die holländischen Positionen durch Schweizer Objekte, die gleichermassen von der Auseinandersetzung mit internationalen Strömungen wie von eigenständiger Entwicklung zeugen. Vertreten sind neben holländischen Designern auch namhafte Schweizer Gestalterinnen und Gestalter wie Meret Oppenheim, Johanna Dahm und Otto Künzli, aber auch zahlreiche Newcomer.