Allen ist gemeinsam: Fotografie wird als Methode vorgeschlagen, um ästhetische und soziale Strukturen zu hinterfragen und neu zu konfigurieren. So entsteht ein Experimentierfeld, das die Wahrnehmung schärft und neue Perspektiven eröffnet. Die Ausstellung lädt dazu ein, das Medium als ein Mittel zu nutzen, die Welt immer wieder neu zu sehen: eine Welt in rastloser Bewegung, der sich das fotografische Bild als materielles Objekt entgegenstellt.
Structures en dérive: Fotografie als Experiment
- Publiziert am 31. Oktober 2025
Auch für ein Schweizer Publikum interessant
Seit 2004 präsentiert die gemeinnützige Fondation Fernet-Branca Gegenwartskunst in der ehemaligen Destillerie in Saint-Louis. Auf 1500 m² Ausstellungsfläche werden monografische Projekte und Gruppenausstellungen regionaler und internationaler Künstler:innen gezeigt. Als Teil des trinationalen Kulturraums am Dreiländereck Frankreich–Deutschland–Schweiz bietet die Stiftung ein vielfältiges Vermittlungsprogramm mit Workshops und Führungen für alle Altersgruppen. Dank ihrer Nähe zur Schweiz sind die Ausstellungen der Fondation Fernet-Branca auch für das Schweizer Publikum interessant und zugänglich.
Beteiligte Künstler:innen:
Martin Bilinovac
Janik Bürgin
Gina Folly
Mariejon de Jong – Buijs
Miranda Devita Kistler
Armin Linke
Julian Salinas
Christian Werner

Fragilität und Vertrauen
Alle beteiligten Künstler:innen von «Structures en dérive – Strukturen in Auflösung» experimentieren mit den Grenzen der Fotografie. Ihre Werke reichen von dokumentarischen Beobachtungen bis zu poetischen Ansätzen. Fotografie wird hier als Werkzeug genutzt, um ästhetische und soziale Strukturen zu hinterfragen. Dadurch entsteht ein Experimentierfeld, das die Wahrnehmung schärft und neue Perspektiven eröffnet. In einer Zeit, die von Instabilität und Vertrauensverlust geprägt ist, untersucht die Ausstellung, wie die Fotografie Zerfallsprozesse festhalten kann, aber auch als Spur bewahrt, was verloren zu gehen droht. Dabei tritt das Medium als Instrument der kritischen Auseinandersetzung und des Widerstands in Erscheinung. Paradoxerweise schenken wir dem fotografischen Bild trotz allem unser Vertrauen – sei es aus Nostalgie, ästhetischer Faszination oder rationalen Gründen. Dieses Vertrauen ist nicht im Bild selbst verankert, sondern in unserem Wunsch, es zu glauben.

Sehgewohnheiten im Wandel
Im Zeitalter von KI-generierten Inhalten und visueller Reizüberflutung hinterfragt die Ausstellung unsere Sehgewohnheiten, insbesondere, wenn visuelle Orientierungspunkte selbst instabil werden. Wie kann die Fotografie neue Wege im Umgang mit dieser Instabilität aufzeigen? Sie agiert dabei nicht als blosses Dokument, sondern als Abstraktion, materielle Oberfläche oder experimentelle Technik. Die Künstler:innen lösen auf, verschieben und verknüpfen neu, um die Auseinandersetzung mit einer fragilen Welt zu beleuchten – mal analytisch und widerständig, mal zärtlich und spielerisch.
