Seit 1967 führt VALIE EXPORT ihren Künstlernamen als künstlerisches Konzept und Logo. Sie gehört nach Ansicht des Stiftungsrats der Roswitha Haftmann-Stiftung zu den wichtigsten internationalen Pionierinnen dieser Kunstgattungen. Ihre Körper-Aktion «Tapp und Tastkino», bei der Passanten ihre in einem Pappgehäuse entblössten Brüste berührten, löste 1968 einen filmisch und fotografisch dokumentierten Skandal aus. Im Kunsthaus Zürich wurde sie nun für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.
Roswitha Haftmann-Preis | VALIE EXPORT
Die Filmemacherin, Medien- und Performancekünstlerin VALIE EXPORT erhält den mit 150‘000.– Franken höchstdotierten Kunstpreis Europas
Preisvergabe im Kunsthaus Zürich
Ein Skandal der, gemäss der Jury, zum Gründungsmythos des sogenannten Aktionismus gehört und bis heute nachwirkt. VALIE EXPORT nahm 1977 an der documenta 6 und 2007 an der documenta 12 in Kassel teil und repräsentierte 1980 Österreich zusammen mit Maria Lassnig (ebenfalls Haftmann-Preisträgerin) an der Biennale in Venedig. EXPORT hatte Professuren an den Kunsthochschulen in Wisconsin-Milwaukee, Berlin und Köln inne, war und ist bis heute in zahlreichen internationalen Ausstellungen vertreten. Sie lebt und arbeitet in Wien.
Die Auszeichnung geht auf die Initiative von Roswitha Haftmann (1924–1998) zurück. Seit 2001 vergibt ihre Stiftung den Preis an lebende Künstlerinnen und Künstler, deren Werk von überragender Bedeutung ist. Wer die Auszeichnung erhält, wird vom Stiftungsrat bestimmt. Ihm gehören die Direktorinnen und Direktoren des Kunstmuseums Bern, des Kunstmuseums Basel, des Museum Ludwig in Köln und des Kunsthaus Zürich an. Hinzu kommen Mitglieder, die vom Stiftungsrat berufen werden.
Die Stifterin
Roswitha Haftmann wurde am 11. Januar 1924 in St. Gallen (Schweiz) geboren. Sie absolvierte die dortige Kantonsschule und erwarb 1944 an der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich ein Sportlehrer-Diplom. 1948 kamen das Fachlehrdiplom für Deutsch, Französisch und Englisch hinzu. Zwischen 1949 und 1955 verbindet sie das Lehren mit dem Lernen und schlägt sich in den USA mit Gelegenheitsjobs. 1949 lernt sie ihren französischen Mann Claude Violett kennen, den sie 1950 heiratet. Bis 1955 arbeitet sie als Modell für amerikanische Zeitschriften und Agenturen. Zurück in der Schweiz bekleidet sie zwischen 1956 und 1959 mehrere Lehrämter in Zürich. Dann beginnt ihre lebenslange Liaison mit der Kunst: Direktorin der Galerie Internationale d’Art Contemporain, Paris (1960); Mitarbeiterin der Galerie Krugier, Genf (ab 1963); Leiterin der Galerie Marlborough, Zürich (1971); Eröffnung ihrer eigenen Galerie Modern Art (1973). Hier zeigt sie Künstler, die sie kennt oder schätzt, wie Hans Arp, Max Ernst, Hans Hartung, Oskar Kokoschka oder Georges Mathieu. Von ihrem ersten Mann 1960 geschieden, heiratete sie 1967 Dr. Werner Haftmann und zieht mit ihm, der gerade zum Direktor der Nationalgalerie ernannt worden ist, nach Berlin. Aus dieser Zeit stammen die meisten ihrer Künstler-Kontakte. Drei Jahre später scheitert die Ehe. Roswitha Haftmann inszeniert sich, nicht frei von Selbstzweifeln, in ihrer Rolle als Galeristin. Am 29.01.1998 wählte die Geniesserin des Diesseitigen in Zürich den Freitod.
Buch über Roswitha Haftmann
Auf Anregung des Stiftungsrates hat die Kunsthistorikerin und -kritikerin Ludmila Vachtova, das ungewöhnliche Leben von Roswitha Haftmann nachgezeichnet. Die Autorin (Jahrgang 1933) studierte und promovierte in Prag. Seit 1973 schreibt sie unter anderem für die Neue Zürcher Zeitung, den Tages-Anzeiger und die Weltwoche und veröffentlichte eigene Publikationen über Frantisek Kupka, Varlin oder Hanny Fries. Das Buch «Roswitha Haftmann – Leben und Vermächtnis» (Hrsg. Roswitha Haftmann-Stiftung Zürich) ist im Jahr 2000 im Verlag Scheidegger & Spiess AG, Zürich und Frankfurt/M. erschienen und stützt sich ausschliesslich auf Material aus dem Nachlass der Roswitha Haftmann-Stiftung.