Heimische Bergfolklore ist mit Südseeexotik vermengt und auf hypnotische Weise gehen alte Paradiesvorstellungen in Postkartenidyll und Bildschirmschonerkitsch über. Die Ausstellung spielt auf virtuelle Welten an, ist aber handwerklich gebaut und lässt die Besuchenden ohne 3-D-Brille eintauchen. Pandabären, rote Schuhe und Thurgauer Äpfel erscheinen wie Assoziationen aus Träumen, Erinnerungen oder digitalen Bilderfluten, die durch den Bilderrausch flottieren.
Olga Titus lädt in ihre wundersame Grotte ein
Für ihre Einzelausstellung bespielt die Künstlerin den kleinen Gewölbekeller des Kunstmuseums Thurgau.
Olga Titus wurde 1977 in Glarus geboren und wuchs im thurgauischen Sulgen auf. Nach einer Lehre als Stickereientwerferin und Textildesignerin studierte sie 2002–2006 an der HSLU in Luzern. Sie erhielt zahlreiche Preise und Ausstellungen im In- und Ausland und lebt heute in Winterthur.
Entgleisende Bildmotive
Überwuchert von lianenartigen Gebilden, zerfliesst das überbordende Landschaftskonglomerat in Fehlstellen. Die Perfektion wird von ausgebrochenen Pixeln unterwandert. Diese Leerstellen brillieren in ihrer Widerspenstigkeit mit eigenwilliger Schönheit. Auf sehr zeitgenössische Weise verbindet Olga Titus Bildwelten der Gegenwart mit Vorstellungen unserer Psyche.
Analoge Spezialeffekte
Neben dieser ortsspezifischen Rauminstallation simulieren in der Ausstellung die grossformatigen «Paillettengemälde», die Olga Titus seit einigen Jahren entwickelt, mit analogen Mitteln die Wirkung digitaler Bilder.
So ist auch das Atelier von Olga Titus Werkstatt, technische Versuchsanordnung und Wundertüte zugleich: Auf experimentelle Weise überführt die Künstlerin optische Illusionen, Schaukästen und Apparate aus der Kinderstube des Kinos in die Jetztzeit. Mittels Handwerk und Multimedia entwickelt sie gleichsam analoge «special effects».
Zwischen Nostalgie und Futurismus
Olga Titus’ Collagieren von Kitsch, Kult und Konsum bringt festgefügte Vorstellungen ins Wanken. Insbesondere wenn die Ostschweizerin – ihre Wurzeln in Graubünden, Malaysia und Indien verbindend – spitzbübisch wie todernst mit den Wünschen und Zuschreibungen des Publikums spielt und hintergründig Fragen nach Identität und Stereotypen aufwirft. So wenden sich in ihren Videos Witz und Ironie auch oft in eine Nachdenklichkeit, die Selbst- und Weltanschauungen in Frage stellt. Die Künstlerin kippt die Schubladen in den Köpfen aus und kreiert nostalgisch-futuristische Wunderkästen des 21. Jahrhunderts.
(Textgrundlage: Kunstmuseum Thurgau)