Es ist ein Immersionsraum, durchdrungen von einer treibenden Komposition aus Klängen und Geräuschen des alltäglichen Lebens. In dieser ‹Disco des Alltags› kann sich das Publikum frei bewegen: Es gibt keine Zuschauersitzplätze, keine Bühne und keine Darsteller*innen. Ein Ort für teilhabende Überraschung, Reflexion und Inspiration.
NIEMANDSLAND | Dimitri de Perrot
- Publiziert am 10. September 2021
Ein Niemandsland liegt zwischen zwei oder mehreren definierten und zugeordneten Zonen. Oft entstehen dort Brachen, die Natur gedeiht ohne Eingriff des Menschen, ein Lebensraum, wie es ihn heute nur noch selten gibt. Dimitri de Perrot untersucht für seine neuste Kreation die Qualitäten des Niemandslandes als Raum der Freiheit.
Party des Alltags
Als DJ hat er in seiner Jungend praktisch jedes Wochenende in Clubs und Bars die Menschen zum Tanzen gebracht. Seine soziale und künstlerische Ambition war es, Menschen dazu zu bringen, zu Musik zu tanzen, die sie nicht kannten oder zu der sie nie gedacht hätten, dass sie jemals tanzen würden. Dabei erlebte er einzigartige Momente voller Erfüllung und Freude, mit einer Gruppe Menschen, die plötzlich das Gefühl verband, etwas Intimes entdeckt zu haben, einen Innenraum, etwas Verborgenes, das sie mit anderen teilen konnten. Wie ein DJ lädt er nun das Publikum mit NIEMANDSLAND zu einer ‹Party des Alltags‹ ins Theater ein: Doch es gibt keine Zuschauersitzplätze, keine Bühne und keine Darsteller*innen. Alles was da ist, ist Klang, Raum und das Publikum – also wir.
Banale Leichtigkeit
«Wenn Beschleunigung das Problem ist, dann ist Resonanz vielleicht die Lösung.» So lautet die viel zitierte Diagnose des deutschen Soziologen Hartmut Rosa zur Jetztzeit. De Perrots Kreation nimmt seinen Lauf – durch die Präsenz der Anwesenden. Das Erforschen und Erfahren in einem vermeintlich leeren Biotop weckt Geister und Reflexion. Ins Zentrum drängen Fragen des Zusammenlebens in einer Welt, die wir als Realität anerkennen: Als überlieferte Gewissheiten, als festgefügte Denksysteme. Was aber passiert, wenn diese in Bewegung versetzt und aus ihren Begrenzungen befreit werden? Wenn der Raum scheinbar zu atmen beginnt? NIEMANDSLAND spielt mit der Ambivalenz von banaler Leichtigkeit und alltäglichem Ernst, vom Blick aufs Eigene und aufs Gemeinsame.
Installation und Party
Das Stück ist ein 60-minütiger Loop, der sich mehrmals am Tag wiederholt. Es kann bis zu 40 Personen gleichzeitig empfangen. Das Publikum kann ihm zu jeder vollen Stunde beitreten, zur gleichen Zeit verlässt das bisherige den Raum durch einen separaten Ausgang. Während dieses Zeitfensters tritt ein Musiker/DJ für ca. 12 Minuten live auf. Dieses Live-Set spielt Dimitri de Perrot selbst (als Standard), wird jedoch vorzugsweise von lokalen Musiker*innen und DJs gespielt, die hierzu eingeladen werden. Mit NIEMANDSLAND bewegt sich de Perrot in einem ‹Dazwischen› von Theater, Konzert, Installation und Party.