Die Schwarzweissfotografien von Zanele Muholi erzählen von queeren Identitäten, Rassismus, Selbstfindung und Selbstermächtigung. Muholi bezeichnet sich als «visuelle:r Aktivist:in» und fordert mit Porträts, die nicht gängigen Erwartungen und Konventionen entsprechen, das Denken in binären Kategorien – Mann/Frau, schwarz/weiss – heraus. Internationale Bekanntheit erlangte Muholi an der Venedig Biennale 2019.
Neben Walter Pfeiffer (*1946) sorgt auch Zanele Muholi (*1972) für eine queere Welt im Kunstmuseum Luzern
Rebellische Jugendliche der Zürcher Schwulenszene treffen auf Personen aus der Schwarzen LGBTQIA+-Communiy Südafrikas.
Die Ausstellung im Kunstmuseum Luzern fokussiert auf die Geschichte Südafrikas seit der Unabhängigkeit 1961 und auf die queere Community. Dem Publikum steht die Website www.divers2023.ch für ergänzende Informationen sowie Begriffserklärung zur Verfügung. Dieses digitale Angebot rundet die Ausstellung zum Thema Diversität inhaltlich ab.
Zanele Muholi
Sexualpolitik und Selbstbehauptung als Motiv
Zanele Muholis (1972) Schwarzweissfotografien sind kontrastreich. Muholi will uns jedoch nicht eine Realität in schwarz und weiss zeigen, eher das vielfältige Spektrum dazwischen: Muholis Arbeit erzählt Geschichten von lesbischen, schwulen, bisexuellen, queeren, trans und inter* People of Colour, die aus Muholis Heimat Südafrika stammen. In Südafrika werden queere Menschen oft gehasst, bedroht und verfolgt. Sexualpolitik und Selbstbehauptung sind Inhalte von Muholis Arbeiten. Liebevolle Umarmungen, zärtliche Blicke, gemeinsames Waschen: Die Serie Being (seit 2006) verschafft einen intimen Einblick in das alltägliche Leben queerer Paare. Nach dem Ende der Apartheid und dem Aufbau eines demokratischen Staates in den letzten dreissig Jahren leben queere Menschen in Südafrika weiterhin unterdrückt. Für sie hat sich trotz der Demokratie kaum etwas verändert, denn die Gesellschaft ist von heteronormativem Denken geprägt. Faces and Phases (seit 2006) ist mit über 500 Arbeiten Muholis wohl umfangreichste Porträtreihe. In regelmässigen Abständen porträtiert Muholi Personen aus der Schwarzen LGBTQIA+-Communiy Südafrikas und hält damit deren Gesichter (Faces) sowie die Phasen (Phases) der Geschlechteridentitäten fest. Es ist Muholis zentrales Anliegen, ein Bewusstsein für die unterdrückten Communitys und damit eine positive Sichtbarkeit zu schaffen.
Queere Schönheitswettbewerbe
Brave Beauties (seit 2014) ist eine Porträtserie von Transfrauen und nicht-binären Menschen, von denen einige an Schönheitswettbewerben teilnehmen. Queere Schönheitswettbewerbe bieten einen sicheren Raum innerhalb der Schwarzen LGBTQIA+-Community, in denen die Teilnehmer:innen ihrer eigenen Schönheit Ausdruck verleihen. Gleichzeitig sollen diese Bilder queer- und transphobische Stereotype in Frage stellen und Widerstand gegen den vorherrschenden binären Blick leisten. Die porträtierten Menschen sieht Muholi als Kollaborateur:innen der Bildgestaltung, dank deren Zusammenarbeit die Werke entstehen. In der Porträtreihe Somnyama Ngonyama («Gepriesen sei die dunkle Löwin» auf isiZulu, seit 2012) setzt sich Muholi selbst vor die Kamera und nimmt verschiedene Posen und Charaktere ein. Die Bilder reflektieren auf persönliche Weise die Kolonial- und Apartheidsgeschichte. Alltägliche Materialien wie Wäscheklammern, Kabel oder Plastikrohre werden zu politisch aufgeladenen Requisiten und Kostümen verwandelt, um Fragen nach Repräsentation und race (diskriminierungssensible Bezeichnung für den deutschen Begriff «Rasse», um auf die menschgemachten Kategorisierungen aufmerksam zu machen) zu verhandeln. Ein starker schwarz-weiss Kontrast führt dazu, dass die Hautfarbe dunkler wirkt. Muholi fordert damit das Schwarzsein für sich zurück. Mit dieser Arbeit erlangt Muholi an der Venedig Biennale 2019 internationale Bekanntheit.