Eine Ausstellung anlässlich des 30-Jahr-Jubiläums der Sammlungsaktivität des Migros-Genossenschafts-Bundes und der intensiven dreijährigen Sammlungsaufarbeitung.
migros museum | Sammlung/Collection
Carl Andre – Art & Language – Atelier van Lieshout – John Baldessari – Lothar Baumgarten – Alighiero Boetti – Christine Borland – Olaf Breuning – Christoph Büchel – Heidi Bucher – Stefan Burger – Tom Burr – Jean-Marc Bustamante – Maurizio Cattelan – Marc Camille Chaimowicz – Spartacus Chetwynd – Marlene Dumas – Elmgreen & Dragset – Berta Fischer – Urs Fischer – Sylvie Fleury – Gabríela Fridriksdóttir – Douglas Gordon – San Keller – Sol LeWitt – Olivier Mosset – Juan Muñoz – Bruce Nauman – Olaf Nicolai – Cady Noland – Henrik Olesen – Giulio Paolini – David Renggli – Ugo Rondinone – Ed Ruscha – Robert Ryman – Jean-Frédéric Schnyder – Paul Thek – Rirkrit Tiravanija – Niele Toroni – Piotr Uklanski – Banks Violette – Philip Wiegard – Stephen Willats – Christopher Wool
Die Ausstellung präsentiert anlässlich des 30-Jahr-Jubiläums der Sammlungsaktivität des Migros-Genossenschafts-Bundes und der intensiven dreijährigen Sammlungsaufarbeitung eine grosse Anzahl neuerer und älterer Sammlungswerke und erschliesst dabei alle unterschiedlichen Sammlungsperioden – vom Minimalismus und den konzeptuellen Arbeiten der 1960er und 1970er Jahre bis zu aktuellen Werken, die sich mit sozialpolitischen, performativen, glamourösen oder unheimlichen Strategien auseinander setzen. Es ist ein wichtiges Anliegen der Ausstellungskonzeption, die Sammlung, die eine gegenwärtige Kunstproduktion berührt und sich an ein aufgeschlossenes Publikum richtet, immer wieder aus neuen thematischen Blickwinkeln zu betrachten und in ein lebendiges Umfeld einzubinden. So wird für die Ausstellung im migros museum für gegenwartskunst eine von Markus Schinwald entworfene Ausstellungsarchitektur verwendet, die dem Betrachter ein «neues Sehen» auf die Werke ermöglicht.
Mit der Gründung des migros museum für gegenwartskunst 1996 im Zürcher Löwenbräu-Areal, wo sich heute ebenfalls die Kunsthalle Zürich, die Galerien Eva Presenhuber, Hauser & Wirth, Bob von Orsouw und Peter Kilchmann befinden, schuf das Migros-Kulturprozent eine Institution, deren zentrale Aufgabe es ist, den Zugang zur Gegenwartskunst mit ihren spezifischen Fragestellungen zu vermitteln und gleichzeitig ein Ausstellungsort für die unternehmerische Sammlung zu sein. Die Idee des Migros-Kulturprozent geht auf den Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler (1888-1962) zurück. In seinem Sinn haben sich der Migros-Genossenschafts-Bund und die Migros-Genossenschaften zu einem jährlichen Beitrag an das Migros-Kulturprozent verpflichtet. Dieser wird auf der Grundlage des Umsatzes berechnet und auch bei rückläufigem Geschäftsgang ausgerichtet. Das wohl einzigartige mäzenatische Engagement wurde 1957 in den Statuten der Migros fest verankert und garantiert die Kontinuität des Migros-Kulturprozent. Das migros museum für gegenwartskunst versteht sich als ein Zentrum aktueller Kunstproduktion. Der Begriff «Gegenwartskunst» impliziert die Einbindung in einen gesellschaftlichen Kontext und die Teilhabe an einem Prozess des Austauschs, der Produktion von Kunst. Die Ausstellungen im migros museum für gegenwartskunst formulieren Kunstgeschichte als einen offenen Prozess.
Die Ankäufe für die Sammlung ergeben sich meist aus den Produktionen der Ausstellungen oder durch die direkte Zusammenarbeit mit den Künstlern. So konnten über die Jahrzehnte verschiedene grosse installative Werke angekauft werden – wie bereits zu Zeiten der InK, der Halle für internationale neue Kunst, eine Vorgängerinstitution des migros museum für gegenwartskunst, gegründet von Urs Raussmüller, die von 1978 bis 1981 an der Limmatstrasse 87, unweit vom heutigen Standort des Museums, beheimatet war. Das migros museum für gegenwartskunst macht es auf besondere Weise möglich, konservatorisch aufwendige Installationen zu sammeln, die sonst nur wenig Chancen hätten, erhalten zu bleiben. Seit Beginn der Sammlungstätigkeit obliegt die Verantwortung für die Ankäufe verschiedenen Protagonisten: So waren Urs Raussmüller (1976-1985), Jacqueline Burckhardt (1986-1990), Rein Wolfs (1991-2001), der 1996 unter der Leitung von Arina Kowner aus der Direktion Kultur und Soziales des Migros-Genossenschafts-Bundes das Museum gründen konnte, und Heike Munder (seit 2002) dafür verantwortlich. Über diese Zeit von drei Jahrzehnten (1978-2008) wurde der Kernbestand der Sammlung von circa 450 Werken angelegt. Die Sammlungswerke sind im Museum nicht permanent zu sehen, vielmehr werden sie gemeinsam mit anderen zeitgenössischen Kunstpositionen im Rahmen von Ausstellungen gezeigt. Die Besucher erleben so die Sammlung im Kontext heutiger Kunstproduktion und entdecken ihre zahlreichen Facetten immer wieder aufs Neue.
Für diese umfassende Sammlungspräsentation besteht die Ausstellungsarchitektur aus einer Weiterentwicklung der Display-Form der Ausstellung von Markus Schinwald, die vom 16. Februar bis 18. Mai 2008 im Museum zu sehen war. Schinwald, der sich an der Raumgestaltung des Architekten Friedrich Kiesler (1890-1965) orientiert, schafft auf diese Weise nicht bloss eine einfache Anordnung der Werke, sondern verfolgt das Konzept eines ganzheitlichen Correalismus weiter, mit dem Kiesler gegen den vorherrschenden Funktionalismus der damaligen Zeit eintrat. Dabei sollten die individuellen Bedürfnisse der Menschen beziehungsweise der Arbeiten im Vordergrund stehen und für diese flexible Präsentationsformen gefunden werden. In diesem Sinne verschmelzen in der Ausstellung Sammlungswerke aus verschiedenen Zeitperioden und mit unterschiedlichen konzeptuellen Ausrichtungen miteinander – seien es Werke mit einem gesellschaftspolitischen Ansatz oder solche, die sich mit Themen des «Unheimlichen», der subkulturellen Musik und des Glamour auseinander setzen. Das Ausstellungs-Display wird von einem «Träger-und-Leger-System» bestimmt, das den Betrachter in einen räumlichen und zeitlichen Rahmen einbindet. Kiesler entwickelte das so genannte T-und-L-System 1924 für die Internationale Ausstellung neuer Theatertechnik in Wien. Dieses erlaubt eine flexible, frei stehende Konstruktion zur Präsentation von Objekten und Bildern. Wie bei Kiesler so soll auch dem Betrachter der Sammlungsausstellung seine Rolle als «aktiver Sehender» nochmals bewusst gemacht und die Möglichkeit geboten werden, eigene Analogien und narrative Stränge zu entwickeln und zu verfolgen. Kiesler beschrieb seine Vorstellung von Architektur folgendermassen: «Berührung, nicht Trennung und Resignation. Sie setzt auf Mitbeteiligung, nicht auf Isolation.»
Die Ausstellung wird kuratiert von Heike Munder und Markus Schinwald.