Wie sehr ist der Mensch fähig, sich äusseren Umständen anzupassen? Der sich diese Frage stellt, versteht sich nicht als Wissenschafter, sondern vielmehr als Künstler: Der US-Amerikaner Ian Cheng untersucht in seinem Œuvre die Wesensart und unterschiedlichen Aspekte von Mutationen.
Migros Museum für Gegenwartskunst | Ian Cheng
- Publiziert am 8. April 2016
Live simulierte Ökosysteme
In einem Referenzsystem aus Videogame-Design, Improvisation und unerbittlichen darwinistischen Selektionsmechanismen entwickelt Ian Cheng (*1984) sogenannte «Live Simulations»: virtuelle Ökosysteme, die sich – ausgehend von programmierten Grundeigenschaften – eigenständig weiterentwickeln, also von keiner externen Autorität gesteuert oder determiniert werden. Daraus resultiert eine Reihe zufälliger, neuer Verhaltensmuster, die der Künstler nur zu Beginn beeinflussen, jedoch nie vollends kontrollieren kann. Dieser Prozess manifestiert sich in Zustandsformen wie Chaos, Kollaps, Kannibalisierung, Neukombination, Perfektion, Zufall oder Langeweile.
Neurologische Gymnastik
Cheng, der Kognitionswissenschaft an der University of California in Berkeley studiert hat, begreift seine animierten Echtzeitsimulationen als «neurologische Gymnastik» für den Betrachter: ein Mittel, um das Erfahren der unaufhaltsamen Veränderung sowie Zustände der Verwirrung, Beklemmung und kognitiven Dissonanz zu trainieren. In seiner ersten Schweizer Einzelausstellung zeigt Cheng eine neue Arbeit.