Die von Tomas Baumgartner präzis gesetzte Installation wölbt sich unterhalb der Decke in den Raum und erzeugt unmittelbar ein Gefühl des Ausgeliefertseins. Das multifunktionale und robuste Material der dunklen PVC-Blache scheint von oben einwirkenden Kräften ausgesetzt und baucht sich dicht über den Köpfen der Besuchenden. Der Künstler schafft den Moment einer potenziellen Gefahr, einer Situation, die nicht ganz erfasst und abgeschätzt werden kann.
Kunst(Zeug)Haus | Seitenwagen | Tomas Baumgartner
Mit «Ein sehr harter Winter ist, wenn ein Wolf den anderen frisst» schafft der Glarner Tomas Baumgartner eine ganzheitliche räumliche Erfahrung.
Der Wolf als Sinnbild
Der Titel der Ausstellung verdichtet den Moment des Ausgeliefertseins und fügt der Arbeit eine zeitliche Komponente hinzu. Der Wolf steht in Märchen häufig für Unbekanntes und Gefahr. Die dunklen Monate des Winters gilt es ähnlich zu überdauern und auszuhalten wie das Erfassen der vorliegenden Situation im Museum. Zudem wird es im Raum über die gesamte Dauer der Ausstellung fortwährend ein wenig kühler – Baumgartner hat die Heizung abgestellt. Der langsame Prozess des Abkühlens ist Teil der Installation. Die Folie verbirgt einerseits, was im Raum nach unten drückt, und schafft zu gleich aber auch einen Moment der Entspannung: Das resistente Material wird den unsichtbaren Kräften standhalten, die Last tragen und die Besuchenden schützen.
Aussen liegt die Gefahr
Die scheinbar instabilen und unsicheren Konnotationen der Installation sind Gegensätze zu dem, was Räume idealerweise vermitteln. Räume sind Rückzugsorte, bieten Schutz und Beständigkeit und schaffen in ihrer Übersichtlichkeit ein Gefühl von Kontrolle und Geborgenheit. In Zeiten, in welchen vom Aussenraum und unserem direkten Umfeld eine reale Gefahr ausgeht, ist die Installation aktueller denn je. Wohnräume und ihre Schutzfunktion haben in den letzten Monaten gegenüber imaginären Räumen existenziell an Bedeutung gewonnen.
Individuelles Wahrnehmen
Baumgartner möchte für die Installation im Kunst(Zeug)Haus möglichst wenige Leserichtungen vorgeben. Im Fokus steht die unbeeinflusste und individuelle Wahrnehmung seines Eingriffs im Kabinettraum, dem gewöhnlich mit Fenstern nach Aussen gerichteten Zimmer. Damit werden Besuchende zurückgeworfen auf subjektive innere Vorstellungen von Räumen und Materialien.