Höher, schneller, weiter, besser und am liebsten alles zur gleichen Zeit. Die Kunstausstellung «Ob-Achtsamkeit – zwischen Spiritualität und Kommerzialisierung» im Museum Sankturbanhof geht einem allgegenwärtigen Phänomen auf den Grund. Ob physisch, psychisch oder mental: Vorschläge zur Selbstoptimierung werden an allen Ecken angeboten und die schiere Masse an Selbsthilfeliteratur, Fitnesstrainer:innen oder Bewusstseins-Coaches ist überfordernd. Lassen sich Künstler:innen vom Trend anstecken?
Kunstschaffende hinterfragen den Begriff der Achtsamkeit
Kapitalismusfreundliche Selbstoptimierung oder Mittel zur Reflexion im immer schneller werdenden Alltag?
Künstler:innen
Anna Barbara Abesch, Kevin Aeschbacher, Luca Bartulović, Beni Bischof, Evelina Cajacob, Florian Graf, Lawrence Grimm, Rafaël Grassi-Hidalgo, David Herren, Luc Mattenberger, Fiona Rafferty, Hans Schärer und Aline Iris Schüpbach.
Museum Sankturbanhof
Als Mehrspartenhaus steht das Museum Sankturbanhof an der Schnittstelle zwischen Kunst und Kultur, Vergangenheit und Gegenwart. Ein Themenschwerpunkt liegt dabei auf der Kontextualisierung der historischen Sammlungen im Hier und Jetzt. Historische Räume und zeitgenössische Kunst, gesellschaftsrelevante Fragestellungen und partizipative Interaktionen spiegeln die Bandbreite des Museums. Neben der Sammlungspräsentation zu den hauseigenen Beständen verknüpfen vier Ausstellungen pro Jahr künstlerische mit gesellschaftlichen Bezugslinien. Historische Objekte treffen dabei auf zeitgenössische Künstler:innen, aktuelle Fragestellungen treten mit dem Publikum in einen Dialog.
Geschichte
Die Geschichte des Museum Sankturbanhof reicht bis ins 13. Jahrhundert zurück. Im Zusammenhang mit der Stadtgründung von Sursee wurde das damalige Gebäude als Amtshaus der Abtei St. Urban errichtet. Es diente der Verwaltung der Güter in der Region, die dem Kloster zinspflichtig waren, sowie als Gästehaus. Der heutige Bau wurde 1596 bis 1598 errichtet. Mit seiner historischen Substanz ist er ein wichtiger Zeuge der Surseer Stadtgeschichte. Der noch heute erhaltene Äbtesaal im 4. Obergeschoss ist ein seltenes Beispiel eines Festsaals aus der Renaissance in der Zentralschweiz. Die Wandmalereien von 1606 fasziniert noch heute. Auch weitere Räume vermitteln Eindrücke von der Wohnkultur des einstigen Amtshofes. 1979 stimmte die Bevölkerung von Sursee der Gründung einer Stiftung Stadtmuseum Sursee zu, mit dem Auftrag, ein Museum im Sankturbanhof einzurichten, zu betreiben und die bildende Kunst zu fördern. Im November 2004 sagte die Bevölkerung Ja zur Sanierung des Hauses und zum regionalen Museumsbetrieb. Die neue Erschliessung und Einrichtung als Museum wurde vom Architekturbüro Masswerk AG, Kriens, realisiert und war Teil einer Sanierung der ganzen Häuserreihe vom Stadttheater bis zum Sankturbanhof.
Vorsicht vor der Achtsamkeit
Schaman:innen treffen auf Yogis, Achtsamkeitslehre auf Malbücher für Erwachsene, Räucherstäbchen auf Entspannungstees. Spirituelle und esoterische Lebenswelten erfahren grossen Zuspruch und sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Spiritualität wird zum milliardenschweren Konsumgut unserer Leistungsgesellschaft. Die Anforderungen an unseren Alltag, privat wie beruflich, scheinen in Zeiten aktueller Krisen rund um Klima, Digitalisierung oder Populismus noch einmal gestiegen zu sein. Druck, Stress und Überforderung sind die Folgen unserer immer schneller rotierenden Leistungsgesellschaft. Es scheint daher nicht überraschend, dass immer mehr Menschen nach Wegen aus dem Hamsterrad suchen und in der Achtsamkeitslehre fündig werden. Das Museum Sankturbanhof nimmt das Phänomen zum Anlass, Achtsamkeit in einer Kunstausstellung zu thematisieren.
Grenzen der Selbstverantwortung
Seit einigen Jahren ist der Begriff Achtsamkeit in aller Munde. Ursprünglich aus dem Buddhismus entlehnt, hat sich der Begriff aus dem spirituellen Setting emanzipiert. Die Meditationsmethode ist neu Antrieb für vielfältige Selbstoptimierungsprozesse und Bewältigungstechniken vielschichtiger Herausforderungen. Die Ursachen für diese Symptome werden jedoch nicht mit den immer höheren Ansprüchen unseres neoliberalen Wertesystems in Verbindung gebracht. Vielmehr wird die Krise beim Individuum selbst verortet. Stress und gesellschaftlicher Druck werden privatisiert: Obacht vor der Achtsamkeit. Welche Antworten hat die Kunst auf diese Phänomene?
(Textgrundlage: Museum Sankturbanhof)