Kunsthaus Zürich | William Forsythe
Der Choreograf darf als allererster den Neubau bespielen. Er macht daraus für vier Wochen einen Klangkörper.
Das Kunsthaus Zürich und William Forsythe wollen mit dieser Kooperation einem möglichst breiten Publikum einen Ort bieten, an dem nach enormen gesellschaftlichen Brüchen wieder Gemeinschaft entstehen kann. Sich zu versammeln, um den Klang eines Gebäudes zu erleben, ist sicherlich eine untypische Aktivität, aber auch eine unerwartet sanfte Art, das Museum als einen Ort vorzustellen, der eine wichtige Rolle in der Zivilgesellschaft spielen wird.
Glocken für Kanonen
Kirchenglocken sind komplexe Instrumente, mit denen sich ganz unter-schiedliche und z.T. auch widersprüchliche Geschichten verbinden: Im Mittelalter sprach man ihnen Zauberkräfte zu und das Glockenläuten sollte sich positiv auf das Leben auswirken. In Konflikten und Kriegen setzte man sie zur Warnung vor feindlichen Angriffen ein, und während des zweiten Weltkrieges wurden in Europa mehr als hunderttausend Glocken eingeschmolzen und zu Kanonen und Waffen umgeschmiedet. «Diese Glocken sind wie Geister der Geschichte europäischer Konflikte», so Forsythe.
Der Neubau als Klangkörper
In seiner Inszenierung von Chipperfields Bau betrachtet und versteht Forsythe das Gebäude selbst als eine Art Innenohr oder Trommelfell – ein Sinnesorgan – durch dessen Volumen wir hören und fühlen können. «The Sense of Things» lässt uns den Ort «Museum» neu erleben und ist auf Personen in allen sensorischen Erfahrungswelten zugeschnitten. Das zeigt sich auch im Rahmenprogramm, welches Führungen mit Personen vorsieht, die aufgrund ihrer körperlichen Verfasstheit eine andere Sinneswahrnehmung mitbringen – wie z.B. blinde oder gehörlose Menschen, aber auch Kinder.